Seite:OAGöppingen 168.png

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Spaltungen vom Papst aller seiner Stellen, namentisch auch der Propstei Boll, entsetzt, bezog jedoch, auch nach der Vereinigung des Stiftes mit jenem in Oberhofen, einen lebenslänglichen Gehalt von 70 fl. von diesem. Denn aus einer Commission des Bischofs von Constanz von 1463 geht hervor, daß das Stift Boll, wo ehedem ein Propst und 5 Chorherren gewesen, damals so in Zerfall gerathen war, daß seit Menschengedenken nur noch ein Chorherr da residirte. Papst Pius II. genehmigte daher 1464 auf die Bitte des Grafen Ulrich, daß diese Pfründen dem Stifte Oberhofen einverleibt und zur Ausstattung der dortigen Stellen eines Custos (pro custodia scholastica) und dreier Chorherren verwendet werden. Am 30. Aug. 1464 erfolgte denn auch die Vereinigung beider Stifte. Den Schirm über das Stift hatten die Grafen von Württemberg. Übrigens standen, wie aus der vorgedachten Urkunde von 1463 erhellt, schon frühe — neben den Stiftsherrn — ein Pfarrer und ein Frühmesser an der Kirche, deren Stellen das Stift zu verleihen hatte, und die nach dessen Aufhebung hier zu Versehung des Gottesdienstes zurückblieben. Eine zweite Caplanei entstand später: die der Brüderschaft „unser lieben Frauen und Sancti Syri.“ Am 2. Oktober 1486 bestättigt der Bischof die Stiftung und Dotation einer ewigen Messe „ad altare in ecclesia parochiali ville Boll in honore gloriosissime Dei virginis Marie ac Sanctorum Syri etc. per dilectos viros confratres spirituales et seculares fraternitatis ecclesie parochialis ville Boll.“ Bemerkenswerth ist es auch, daß noch 1600 neben der Kirche eine Capelle mit der Jahreszahl 1464 stand. — Bei der hier 1537 eingeführten Reformation wurden beide Caplaneien aufgehoben. Der zweite Caplan, Ulrich Kornmann, war zuvor schon von dem Bischof abgeschafft worden, weil er der Kirchenverbesserung geneigt war. Der Name des ersten evangelischen Pfarrers nach Aufhebung des Interims ist M. Peter Schaber, neben welchem schon 1551 ein Diaconus stand, der bis 1650, wo ein eigener Lehrer aufgestellt ward, auch die Schule zu versehen hatte. Filialien waren in alten Zeiten, außer Sehningen, die Orte Pliensbach und Gammelshausen. Nachdem aber Pliensbach 1582 nach Zell, O.A. Kirchheim, und Gammelshausen 1798 nach Dürnau umgepfarrt worden, wurde in dem letztgenannten Jahre das Diakonat aufgehoben. — Die Zehenten standen dem Stifte Boll zu, mit Ausnahme des kleinen und des Gras-Zehenten, die der Ortspfarrei einst zugestanden, und des großen Zehenten aus 4 Lehen und Sölden, die in den Leonhard-Hansenhof gehörten und (s. oben) mit diesem von der Kellerei erworben wurden.

Die Burg Hohenlandsehr oder Landsöhr stand auf einer scharf hervorragenden Ecke eines der höchsten, aus der Alpkette

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_168.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)