Seite:OAGöppingen 183.png

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Die Gemeinde hat 79 Haupt- und 23 Nebengebäude. Die Kirche steht im obern Theile des Dorfes auf einer kleinen Anhöhe, ist gut eingerichtet, kaum 100 Jahre alt, seit 1817 Mutterkirche, und von den örtlichen Kassen zu erhalten. Von dem daneben frei und angenehm gelegenen, 1814 erbauten Pfarrhause liegt die Baulast dem Hospital Göppingen ob.[1] Das zwischen Kirche und Pfarrhaus gelegene Schulhaus war einst ein Wohnsitz der Freiherren v. Liebenstein. Das Clima ist außerordentlich gesund, da an dem Alpabhange die Ausdünstung der Wälder aromatisch und durch den beständigen Windzug die Hitze im Sommer gemäßigt ist. Die Einwohner sind bieder und fleißig. Ihre Empfänglichkeit für zweckmäßige Neuerungen war aber früher gering; wie denn die Einführung des vorletzten Gesangbuches einen großen Kampf und den damaligen Ortsgeistlichen beinahe das Leben gekostet haben soll. Hier, oder vielmehr auf Lothenberg, ist der k. württ. Herr Generalsuperintendent v. Hermann geboren. Der unbestrittene Wohlstand der Gemeinde hat seine Ursachen in der Trefflichkeit des hochcultivirten Bodens, in dem Fleiße der Einwohner und in der guten Verwaltung der öffentlichen Kassen. Es werden jährlich etwa 500 Sch. Haber, 200 Sch. Dinkel und 80 Sch. Reps ausgeführt, die vielen Wiesen gewähren ein treffliches Futter. Von großem Belang ist die Obstzucht, welche die edelsten Sorten liefert. [2] In etwas guten Jahren beträgt das Obsterzeugniß 3 – 4000 Simri. Die Pferdezucht ist, obgleich es an einem Weideplatz fehlt, nicht unbedeutend. Das Rindvieh gehört meist der großen und schönen Limburger Raçe an. Schafe werden 1800 – 2000 überwintert. Auch die Bienenzucht ist nicht unbedeutend. Von Gewerben ist nur Baumwollenweberei für die Fabriken in Jebenhausen zu nennen. Die Linnenweberei hat sehr abgenommen; während früher etwa 3000 Ellen verkauft wurden, ist der Absatz gegenwärtig nur noch 1/3. Die Verbindung mit den Nachbarorten durch Vicinalwege ist erst in neueren Zeiten erleichtert worden.

Die Gemeinde hat den Schaftrieb auf 200 M. in Heininger Markung. Die Kirchengemeinde besteht aus den 4 Parcellen. Namens des Hospitals besaß der Stiftungsrath in Göppingen das Nominationsrecht zur Pfarrstelle bis 1806. Seit 1824 übt es aber hier das k. Oberconsistorium aus. Eine eigenthümliche Schulstiftung ist,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_183.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Laut Berichtigungen auf S. 304 ist „Das Patronatrecht des Hospitals 1811 aufgehoben worden.“
  2. Viel hat dazu die im J. 1827 durch den Ortsgeistlichen angelegte Baumschule beigetragen, wo jedes Kind einen Baum setzen oder setzen lassen durfte und ihn zur lebenslänglichen Nutznießung erhält. Im J. 1829 betrug die Zahl dieser Bäume 200. Abends wird hier Kindern und Erwachsenen Anleitung zur Baumzucht gegeben. (Corresp. Bl. des landw. Ver. 1829. I. 79.)