Seite:OAGöppingen 190.png

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Die Kirche sollte eigentlich zwei Thürme erhalten, wie aus dem Grundriß [1] hervorgeht, welcher zwei rein zwecklose Räume enthält, wo in dem einen noch die Reste von massigtem Mauerwerk, Säulenbündel und Bogenanfänge zur untern Halle des Thurms als die untrüglichsten Zeugen hiefür sprechen. – Werke der Skulptur finden sich am Giebel des Mittelschiffs; – eine männliche Figur mit einem Quadersteine in der Hand (vielleicht der Stifter oder Baumeister), unmittelbar über diesem ein Vogel (Nachteule) und über dem reich decorirten Mittelfenster des Chors eine unkenntliche Thiergestalt. – Die Volkssage erwähnt einer Gruft und unterirdischer Gänge, was vielleicht auf das Vorhandenen einer Crypte [2] schließen läßt.

Wie alle auf uns gekommene Baudenkmale ältester Zeit der Rohheit oder Unwissenheit der an ihnen vorübergegangenen Geschlechter oft nur wie durch ein Wunder entgangen, und meistens theilweise zerstört worden sind, so wurde auch diese Kirche wahrscheinlich zur Zeit der Reformation auf schonungslose Weise dem neuen Cultus angepaßt, die südliche Kapelle wurde niedergerissen, und die nunmehrige, schon im verdorbenen gothischen Geschmack erbaute, Sakristei hingestellt, und in die Seitenschiffe wurden ohne alle Symmetrie Fenster eingebrochen. Was aus dieser Zeit im Innern der Kirche, welches sich wahrscheinlich in bunter Farbenpracht und namentlich im Chor mit den interessantesten Fresken dem Auge darstellte, von Malereien noch sichtbar war, wurde in neuerer Zeit noch einmal dick überstrichen und geweißnet, und der letzte Pinselstrich mit dem herkömmlichen »anno renovatum« besiegelt. Der dermalige Einbau mit Orgel, Stühlen und Emporkirche [3] endlich verbietet jede innere Totalansicht. – Ist in der neuern Zeit schon so vielen Bauwerken ihr Recht widerfahren, und sind dieselben aus Schutt und Staub neu verjüngt entstanden, so wird vielleicht auch für dieses Denkmal die Zeit nicht mehr ferne seyn, die es in seiner alten Pracht als würdigen Nebenbuhler der Werke deutscher Kunst erstehen läßt.“

Der Nahrungsstand ist ziemlich gut. Ein Morgen guten Ackers

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_190.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. S. denselben und die Ansicht auf der beiliegenden OA.-Karte.
  2. D. h. eine unterirdische Capelle. Es ist außer Zweifel, daß hier eine Gruft war. Sie mag von den Herren von Rechberg angelegt worden seyn, wovon eine Linie im Orte saß. In der Kirche standen mehrere Rechbergsche Grabsteine, wovon einige erst in neuerer Zeit in die Familiengruft nach Donzdorf gebracht worden sind. M.
  3. Nach Akten wurde erst 1714 eine Emporkirche gebaut. Auch wurde jetzt erst der Boden mit Dielen belegt und das bisherige Schieferdach durch ein Ziegeldach ersetzt. M.