Seite:OAGöppingen 208.png

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Die Straßen sind auf beiden Seiten gepflastert und mit erhöhten Fußpfaden versehen. Die Häuser zeugen von Wohlhabenheit; die Zahl der Hauptgebäude ist 163, die der Nebengebäude 79. Die Kirche zu St. Martin liegt am östlichen Ende des Dorfes, ist klein, ziemlich alt und bietet keine Merkwürdigkeiten dar. Sie wurde 1743 erweitert, ist mit einer Mauer umfangen und diente einst zur Vertheidigung der Bewohner gegen Feinde; wie denn auch der niedrige, unförmlich dicke Thurm noch Schießscharten hat. Die Principalbaulast hat der Staat; die bauliche Unterhaltung liegt dem Heiligen ob. Das daneben im sogenannten Anger stehende Pfarrhaus hat der Staat im Bau zu erhalten. Die Zehentscheune wurde 1556 erbaut; der Fruchtkasten, ein solides und massives Gebäude, ist 1839 durch die Gemeinde vom Staat erworben worden. Ein Rathhaus hat die Gemeinde erst seit 1829; die Rathsversammlungen hatten zuvor in den Wirthshäusern Statt und sollen in noch frühern Zeiten vor dem Hause des Amtmanns unter freiem Himmel gehalten worden seyn. Das Schulhaus war früher die Wohnung des Diakonus. Sodann sind noch 3 Gemeindewaschhäuser und 1 Gemeindebackofen zu erwähnen. Die Einwohner sind von schönem Schlag, außerordentlich arbeitsam und ausdauernd, dabei, ohne Hinneigung zum Pietismus, religiös und wenig abgeschliffen. Ihre eigenthümlichen Gebräuche S. oben S. 39. Es herrscht Wohlstand.

Gruibingen hat die größte Markung, aber auch die größte Weidefläche (S. die Tab.); jene erstreckt sich über die Berge hin gegen manche Seite auf 1 – 2 Stunden. Es finden sich Tuffsteinlager, die aber nicht ausgebeutet werden. Der Boden ist äußerst verschieden. Im Thale ist derselbe ziemlich fruchtbar und das Getreide gedeiht ganz gut, Haber und Kartoffeln vorzüglich. Allein 7/8 der Äcker liegen auf den Bergen und werden nicht gedüngt, sondern als Wechselfelder, die nach 15 – 20, zum Theil auch nach 6 – 10 Jahren gebaut werden, benutzt. Daher steht denn auch der Preis eines Morgens Acker von 1/2 bis 400 fl., und es ist schon manchmal ein solcher um eine Maas Wein verkauft worden. Der Suppinger Pflug wird allmälig allgemeiner und dadurch die bis jetzt noch nöthige Bespannung des Pfluges mit mehr als vier Zugthieren entbehrlich. Mit dem Anbau von Klee und andern Futterkräutern ist ein hinreichend lohnender Anfang gemacht. Auch Mohn und Mais gedeihen, werden aber wenig gepflanzt. Der landwirthschaftliche Bezirksverein zählt in Göppingen und hier seine meisten Mitglieder. Gleichwohl ist der Obstbau, der durch eine von der Gemeinde kürzlich angelegte Baumschule gehoben werden wird, noch zurück, und für die Stallfütterung ist noch gar nichts gethan. Übrigens ist bei dem üppigen Graswachsthum und den guten Bergweiden die

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Göppingen. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAG%C3%B6ppingen_208.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)