Seite:OAGaildorf 196.png

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wo sie sich mit der erstern kreuzt, in einer Thal-Einsenkung an der Bühler, liegt 3 St. nordöstlich von Gaildorf das evang. Pfarrdorf Ober-Sontheim, ein ansehnlicher, wohlgebauter Ort, der noch die ehemalige Residenz erkennen läßt; denn es war Sitz einer Linie des Limpurgischen Hauses mit Regierung, Polizeiamt, Forstamt und Hof-Verwaltung, und bis jüngst eines Rentamtes der standesherrlichen Gemeinschaft Ober-Sontheim. Der auf dem rechten Bühler-Ufer liegende Theil des Ortes, „der Wasserrain“, wurde 1601 zu bauen angefangen. Beide Theile sind durch eine schöne Brücke und mehrere gute Stege verbunden. Die zunächst am Flüßchen liegenden Gebäude haben, namentlich im Frühling, bei dessen Austritt zu leiden. Die Gypsmühle liegt westlich 1/4 St. von Ober-Sontheim, an der Hall-Ellwanger Landstraße. Die Markung ist dem Forstamte Crailsheim zugetheilt. Die Zehenten und grundherrlichen Rechte sind bei der Theilung der Gemeinschaft Ober-Sontheim dem Staat zugefallen. Am südöstlichen Ende des Ortes, auf einer die Umgegend beherrschenden Anhöhe, steht das massivgebaute, aus zwei durch einen Querbau vereinigten Flügeln bestehende Schloß, mit schönen hohen Zimmern und Gewölben, seit 1848 mit etwa 160 M. Gütern im ausschließlichen Eigenthume des Staats; dieses Gebäude bis 1848 noch der Aufbewahrungsort des nach Michelbach verlegten Archives der 5 Linien des Limpurgischen Hauses Sontheim steht jetzt unbenützt. Es ist gegen das Dorf hinab mit einer hohen Mauer und 4 Thürmen, im Übrigen mit Gräben umgeben, über welche zwei Brücken, die ehemals aufgezogen werden konnten, mit Thoren führen. Der anstoßende Schloßgarten umfaßt etwa 6 Morgen, wovon 1740 ein Theil zu einer Fasanerie eingerichtet war. Von den Schloß-Nebengebäuden ist das ehemalige Reithaus in ein Schaf- und Armen-Haus der Gemeinde umgewandelt. Den großen südöstlichen Flügel von drei Stockwerken hat, wie das Wappen über dem Eingang darthut, Schenk Erasmus 1541 bis 1543, den Querbau und den nordwestlichen Flügel von zwei Stockwerken dessen Sohn Friedrich, wie sein Wappen über des letztern Eingang beweist, 1592 erbaut. Bis 1746 waren hier beständige Hofhaltungen des Hauses Limpurg-Sontheim. – Die östlich liegende, gut gebaute Kirche ließ sammt dem Thurme Schenk Friedrich 1585–1586 erbauen; seine Söhne stifteten 1618 die Sacristei und die Orgel. Er liegt mit vielen seiner Nachkommen in der Kirche begraben und hat hier ein schönes Denkmal. Von den drei Glocken hat die älteste ohne Jahreszahl in Minuskeln die Umschrift: „ave maria gracia,“ die zweite in gothischen Minuskeln: „Osana heys ich jos glockegiser gos mich in unser frauen ere und St. Wolfang St. Sebastian St. Ulrich leyt man mich. 1491.“ Das Pfarrhaus hat 1739 die Herrschaft gebaut und ist wie die

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Gaildorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGaildorf_196.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)