Seite:OAGeislingen 047.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Christoph Friedrich von Stälin: Beschreibung des Oberamts Geislingen

Kinder. Selten wird für sie ärztliche Hülfe in Anspruch genommen. Auffallend ist es, daß der Croup (die Luftröhrenentzündung) in der Gegend selten vorkommt, Wechselfieber sind gleichfalls selten, desgleichen Körperkrümmungen, Rhachitis, Skropheln, dagegen sind die häufigsten Todesarten Schwindsucht und Brustwassersucht. Alte Leute von 80 bis 90 Jahren und darüber sind nicht selten, ebenso Ehejubiläen.

Der sittliche Zustand ist in den Alporten meist besser, als in den übervölkerten Thalorten; Gutmüthigkeit und Gefälligkeit sind fast allgemeiner Charakterzug. Die Einwohner sind fleißige Kirchgänger, noch fleißiger aber im Besuch der Wirthshäuser, indem der im Allgemeinen herrschende Wohlstand auch größeren Lebensgenuß erlaubt. Die Nahrung ist, zumal bei den Alpbewohnern, kräftig. Die Rechtspflege bietet weder im Civil- noch im Kriminalfache besondere Erscheinungen dar, die Leute sind nicht besonders streitsüchtig, im peinlichen Fache sind die vorherrschenden Fälle, wie in anderen Bezirken, kleine Injurienklagen. In Beziehung auf Leben und Sitten läßt sich das Oberamt in 3 abgesonderte Bezirke theilen, nämlich 1) die ehemaligen ulmischen Orte, 2) das Wiesensteiger Thal, 3) die rechbergischen Orte und Eybach. In den ulmischen Orten herrscht der meiste Wohlstand, besonders bei den begüterten Alpbauern. Die geschlossenen Bauernhöfe suchen diese noch zu erhalten, weshalb von den Eltern gewöhnlich der Hof demjenigen Kinde in einem billigen Anschlag überlassen wird, welches durch eine günstige Heirath im Stande ist, die übrigen Kinder zu entschädigen. Bei Übergabe des Guts behalten die Eltern ein Ausgedinge, in Wohnung, Geld und einigen Naturalien bestehend. Über Feld und auf die Frucht- und Jahrmärkte fährt der Bauer und die Bäurin auf einem Wägelein ein- oder zweispännig mit wohlgenährten Rossen und läßt dabei etwas aufgehen, doch sind in neuerer Zeit auch die vermöglicheren Bauern, durch die leichte Gelegenheit, ihr Geld bei den Leihkassen anzulegen, viel sparsamer geworden. Die Kleidung besteht bei den

Empfohlene Zitierweise:
Christoph Friedrich von Stälin: Beschreibung des Oberamts Geislingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1842, Seite 047. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGeislingen_047.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)