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Christoph Friedrich von Stälin: Beschreibung des Oberamts Geislingen

Die Falllehen sind im ganzen Oberamt mit wenigen Ausnahmen allodificirt und bei den Erblehen, die schon durch das Edikt vom 18. November 1817 die rechtliche Eigenschaft der Zinsgüter erlangt hatten, sind indessen durch Ablösung der Laudemien zum größten Theil die letzten Spuren des alten Verhältnisses verschwunden.

Fall- und Erblehen erscheinen ursprünglich theils als geschlossene Guts-Komplexe, theils nur als zerstreut liegende Feldlehen, beide Formen sind gleich häufig. Die ersteren führten nach ihrem Umfange die Namen „Ganze, – Halbe, – Viertels-Höfe, Huobe, Sölden“, manche derselben waren mit verschiedenen Berechtigungen von Holz, Pförch, Genuß von Gemeindegütern ausgestattet. Die Geschlossenheit der Erblehen wurde in den meisten Orten schon frühzeitig unter ulmischer Verwaltung aufgehoben, es traten sofort an ihre Stelle die s. g. Trägereien. Die Erbfeldlehen verdanken ihren Ursprung theilweise erst der neuern Zeit. Im vormals wiesensteigischen Bezirk geschah es unter der baierischen Verwaltung, daß viele herrschaftliche Güter in der Eigenschaft von Erblehen veräußert wurden und in den früher ulmischen Orten waren die s. g. Landgarbäcker ursprünglich Neubrüche, welche von der Grundherrschaft in der Eigenschaft von Erblehen unter die Grundholden vertheilt worden sind.

Die jährlichen Gefälle sind bei Fall-, Erblehen und Zinsgütern die Geldzinse, Küchengefälle und Fruchtgülten. Für die Küchengefälle bestanden sehr mäßige Geldaversen. Die Geldzinse führten häufig die eigenthümlichen Namen „Heugeld“, „Maderschilling“, „Vechnüz“ „zu Weissat“.[1] Die schon erwähnten Landgarbäcker reichten eine nach der Größe des Ackers bemessene Fruchtgült an Dinkel oder Haber, wie es auf dem Felde gewachsen ist, (Landacht); im Brachjahr wurde Nichts gereicht.


  1. Nach Schmids schwäb. Wörterbuch S. 428 ist Vechnitz oder Vechteritz im Gegensatz gegen „Beinitz“ ein lagerbuchmäßiges Gefäll an Geld oder Frucht, während Beinitz eine zufällige Einnahme bedeutet. Nach demselben S. 524 war der Ausdruck „Weisset“ oder „Weissat“ früher unter dem ulm’schen Landvolk gebräuchlich und hatte die Bedeutung „Gabe, Geschenk.“
Empfohlene Zitierweise:
Christoph Friedrich von Stälin: Beschreibung des Oberamts Geislingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1842, Seite 084. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGeislingen_084.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)