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Christian Ludwig Fromm: Beschreibung des Oberamts Gerabronn

Auch wohnt ein praktischer Arzt hier. – Auf der Stelle des Kirchthurms liegt der Ort unter dem 49° 21′ 34,67″ nördlicher Breite und 27° 33′ 3,27″ östlicher Länge. Die Erhebung über dem Meer ist, Erdfläche an der Kirche, 1342,3 pariser oder 1522 württembergische Fuß. Schloß und Stadt mit dem größten Theil der kleinen Markung liegen auf dem Plateau, das hier durch zwei parallel nach Südwesten streichende Klüfte zu einer Gebirgszunge gebildet ist, deren Spitze das am Fuß des Gebirgs von Süden her vorüberfließende Thal der Ette berührt. Über jene führen sehr steile Steigen.

Das Schloß in seiner gegenwärtigen Beschaffenheit wurde von 1700 an von dem 1729 verstorbenen Grafen Philipp Karl von Hohenlohe-Bartenstein erbaut. Es bildet ein reguläres Viereck, ist geräumig und geschmackvoll eingerichtet und gilt als die schönste der hohenlohen’schen Residenzen. Den weiten Hof zieren 4 Röhrbrunnen, von denen einer mit kunstreichen Arbeiten. Dazu gehören die an dem Weg nach Riedbach angelegten englischen Anlagen. Das frühere Schloß war 1525 im Bauernkrieg ganz, und im Jahr 1632 durch kaiserliche Kriegsvölker (Croaten) zur Hälfte niedergebrannt worden. Die Wiederherstellung erfolgte das letzteremal durch die Wittwe des Georg Friedrich von Hohenlohe.

Sonstige merkwürdige Gebäude finden sich, außer der an das Schloß angebauten Kirche zum heil. Apostel Philipp, unter den 150 Haupt- und 33 Neben-Gebäuden des Orts nicht. Übrigens hat das Städtchen in seiner breiten, 1/4 Stunde langen Hauptstraße mehrere hübsche, theils massiv aus Steinen, theils in hölzernem Fachwerk erbaute Häuser, sonst aber auch viele kleine Wohnungen. Die Mehrzahl der Einwohner dieses Orts ist nämlich ganz arm. Die 124 Gewerbsleute und 20 Taglöhner sind bei dem Mangel besonderer Industriezweige auf spärlichen Verdienst in der Nachbarschaft verwiesen. Als vom letzten Drittel des siebzehenten Jahrhunderts an rasche Ansiedlungen Fremder begünstigt wurden, scheint der Ernährungspunkt ganz übersehen worden zu seyn. Der gedrückten Lage der meisten Einwohner des Orts ist es auch zuzuschreiben, daß manche derselben nicht gut geartet sind und der Nachbarschaft in manchfachen Beziehungen zur Last fallen. Bei dem geringen Umfang der Markung ist Besserung dieses Zustandes auch nicht zu hoffen, zumal da von den 1677/8 M. derselben nur 571/8 M. nutzbares Eigenthum der Privaten sind, von der übrigen Fläche aber der Grundherrschaft 132/8 M. als Gärten und Gebäude-Areal, 842/8 M. Äcker, 7/8 M. Wiesen, 21/8 M. Weiden gehören.

Die Gemeinde, bei der sich keine Gemeinderechte finden, besitzt

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Christian Ludwig Fromm: Beschreibung des Oberamts Gerabronn. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGerabronn0111.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)