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wohl zugeknöpft, zu Gevatter. Gefälliger ist die weibliche Tracht; neben den oben beschriebenen Bandhauben, welche hübschen Gesichtern recht gut lassen, kunstreich ausgenähte Krägen oder Chemissetten, wofür viel Geld ausgegeben wird, Spenser (Mutzen genannt) von farbigem oder schwarzem Zeug oder Tuch, etwas feinerer Sorte, Röcke von geschlagenem Tuch (mit eingepreßten Farben) oder roth gefärbt, bei den Wohlhabenderen gleichfalls schwarz, und weit ausgeschnittene, niedere Schuhe. Sehr malerisch nehmen sich die nach Art von Schäferhütchen geformten, mit Spitzen und Blumenbouquets, sowie mit langen und breiten weißen seidenen Bändern gezierten weißen Reifhauben, welche die Mädchen bei Taufen und Hochzeiten tragen; tragisch, aber wohlkleidend, die ganz ähnlich geformten, jedoch schwarzen, Hauben, welche Frauen und Mädchen zum Abendmahl oder zur Trauer tragen, aus. Die ledigen Burschen tragen kurze blaue Wämmser und lange blaue Beinkleider, an der Seite von der Hüfte bis zum Stiefel mit schwarzen Sammtbändern besetzt, auf dem Kopf schwarze Lederkappen oder, auch im heißesten Sommer, die weithin leuchtende grüne Sammtmütze, mit Marder- oder Otter-Fell besetzt.

Übrigens lebt es sich gut unter dem hall’schen Völkchen, und Solche, die von anderswo unter dasselbe verpflanzt worden sind, trennen sich nur ungerne wieder von ihm.“

Von früheren Sitten und Gebräuchen[1] haben wir noch des schon oben erwähnten, bis in unsere Zeiten herein bestandenen Siederfestes kurz zu gedenken, dessen Ursprung wohl im Anfang des Mittelalters zu suchen ist. Nach einer erstmals 1762 und letztmals 1789 vorgenommenen Revision der Festordnung bestand die Festlichkeit des „Hofes“ wie folgt: Sie hatte alljährlich an dem Feiertage Petri und Pauli Statt. An diesem Tage verehrte der Rath der Stadt Hall den Siedersburschen einen 80 Pfd. schweren Kuchen, welchen dieselben, nachdem sie sich im sogenannten


  1. Hierüber hat Gräter viel gesammelt und erläutert. Über den „Thalerochsen“ s. seine Iduna 1812 bei Nro. 10.; über das „Bretzelnfest“ ebenda bei Nro. 14.; über die „Seelenwecken“ ebendaselbst bei Nro. 31. – Aus Rathsprotokollen bemerken wir noch, daß 1525 das „um den Hahnen Tanzen“ und „das Schleichenlaufen,“ 1642 „das Opfergeldholen, die Dothenhemder, die Grünen-Georgentagshaltung, das Bretzenholen, Draglen und Anklopfen“, 1682, das „Todten- und Butzen-Umtragen am Sonntag Lätare“ und 1685 die „Knöpflisnächte“ verboten wurden. – Den alten Spruch beim Einrammen der Pfähle in dem Wehr des Kochers, von einem alten Salzsieder gesprochen, s. Gräters Bragur III. 215; über den alten Tanz der Salzsieder ebenda 236, und über ihre Sprache Iduna 1814, S. 90.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Hall. Verlag der J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHall0052.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)