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kleinlichste Detail vorgeschrieben, und Nichtachtung oder Überschreitung mit Strafen von 2–12 Maas Wein belegt. Die junge Siedersmannschaft mußte sich vom Pfingstmontag an jeden Sonn- und Feier-Tag in der vorgeschriebenen Kleidung in der Kirche, und nach dieser auf dem Unterwörth einfinden; es wurden Spaziergänge auf die benachbarten Dörfer im Zuge mit Trommeln und Pfeifen veranstaltet; um die Ehre des Kuchentragens, die nur Sechsen zu Theil werden konnte, wurde gebuhlt und intriguirt, vermeintliche Eindringlinge wurden in die Brunnen geschwippt, so daß der Rath mit Verordnungen gegen diese Gewaltthätigkeiten einschreiten mußte. Die Ritter des Festes hatten Kannenträger, eine Art Knappen; die Kosten des Festes fielen gemeiner Stadt zu, und zu Ausrichtung der Bankette war ein Obmann bestellt. – Die, der Festlichkeit zu Grund liegende Idee ist keine andere, als die Feier des Segens, den die Salzquellen über Hall verbreiten und der Riesenkuchen ist das Symbol des Wohlstands, der von jenen ausgeht. Die damit verbundene Waffenübung und der Waffenprunk sind ein Zeichen der Wehrhaftigkeit der löblichen Siederzunft und ihres Entschlusses sowohl als ihrer Verpflichtung, pro aris et foris Blut und Leben zu lassen. Und diesen haben sie auch oft bethätigt, indem sie als eine eigene Compagnie in ältern Zeiten der Stadt manche gute Dienste geleistet. Auch bildeten sie bei allen öffentlichen Hochzeiten eine Art von Ehrenwache und trugen selbst gewisse Classen der Stadtbewohner zu Grabe. Sie waren gegen die größte Hitze und Kälte abgehärtet, schwammen vortrefflich und trugen die größten Lasten. Daher leisteten sie auch nahe und ferne in Feuer- und Wassers-Noth die trefflichsten Dienste. Obgleich sie nicht in einem besonderen Theile der Stadt beisammen wohnten, so pflanzten sie außer ihrer Tracht und mehreren eigenthümlichen Sitten durch unzählige Generationen sogar eine eigene Sprache fort, deren Ton und Aussprache von der gewöhnlichen sehr abstach. Auf die neueren Geschicke der Siederschaft werden wir in der Ortsbeschreibung zu sprechen kommen.


IV. Wohnorte.
1. Orte.
A. Zahl, Gattung und Areal.

Unser Bezirk zählt im Ganzen 152 Wohnplätze, nämlich: 3 Städte, 27 Dörfer, 94 Weiler, 13 Höfe und

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Hall. Verlag der J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHall0054.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)