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Gespinnstgewächsen. Ein eigenthümlicher und sehr vortheilhafter Kulturzweig ist für Bolheim der Krautbau, dessen bedeutendes Erzeugniß bis ins Hohenlohesche und Ansbachsche ausgeführt wird. Die Hälfte der gesammten Markung, einschließlich der Domänen, ist mit Laubwald bedeckt, von welchen 2030 Morgen der Gemeinde gehören und derselben wichtige Nutzungen gewähren. Die Gaben an die berechtigten Bürger betragen jährlich 11/2 Klafter Holz und 100–150 Büschel Reisig. Ein Übelstand ist die hergebrachte Waldweide. Die Pferdezucht ist unerheblich, dagegen die Rindviehzucht sehr bedeutend. Die Stallfütterung besteht aber noch nicht durchgängig. Der Viehhandel ist lebhaft und geht meistens in das Unterland. Auch die Schäferei, die von 9 Schafzüchtern betrieben wird, gehört zu den erheblicheren; die Race besteht aus feinen Bastarden. Sonst verdient nur noch die Bienenzucht (über 100 Stöcke) und die Fischerei in der Brenz Erwähnung, welche letztere, wie die Jagd, dem Staat gehört und an 4 gewerbsmäßige Fischer verpachtet ist. Der Verkauf des Ertrags (an Hechten und Forellen) geht ins Bayrische und nach Stuttgart. Der Gewerbebetrieb beschränkt sich auf die gewöhnlichen ländlichen Professionen für den Ortsbedarf; außer diesen zählt Bolheim 20 Weber, welche für die Fabrikanten in Mergelstetten und Heidenheim arbeiten, gegenwärtig aber in sehr gedrückten Verhältnissen leben. Einen starken Geschäftsbetrieb hat ein hiesiger Hafner, der seine Waaren unter dem Namen Heidenheimer Geschirr auf die Märkte in Ulm, Kirchheim etc. liefert. An Mühlwerken bestehen 2 Mahlmühlen (darunter die bedeutende Riedmühle), 1 Öl- und 1 Gypsmühle, welche letztere ihr Material aus der Gegend von Crailsheim bezieht. Schildwirthschaften giebt es 2, Bierbrauereien 2. Nebenbeschäftigung gewährt die Wollenfabrik des nahen Mergelstetten, und die gegenwärtig sehr darniederliegende Handspinnerei. Bei dem vortheilhaften Betrieb der Viehzucht und des Landbaues, und dem arbeitsamen und ökonomischen Charakter der Einwohner herrscht im Ganzen ein gut mittlerer Wohlstand. Die Frohnen (darunter eine Holzfrohn an den Burgvogt auf Hellenstein), ewige Zinsen, Vogthaber, Gebäudeabgaben und andere, theils dem Staat, theils der Stiftungspflege Bolheim zuständige Gefälle sind abgelöst. Sämmtliche Zehenten bezieht der Staat, mit Ausnahme des kleinen Zehenten, welcher der Pfarrei Bolheim zusteht; sie sind auf längere Jahre an die Gemeinde verpachtet.

1) Bolheim, evangel. Pfarrdorf mit 948 Einw., darunter 10 kathol. Filialisten von Burgberg), liegt 13/8 geom. St. von Heidenheim am rechten Ufer der Brenz, und ist um eine kleine Anhöhe herumgebaut, welche Kirche, Pfarr-, Rath- und Schulhaus trägt.

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_144.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)