Seite:OAHeidenheim 156.png

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gewöhnlich einen steinernen Stock. An laufenden Brunnen fehlt es. – Schon in weiter Ferne zieht die Blicke auf sich das im J. 1672 erbaute, dem Staat gehörige, Schloß.[1] Es ist auf einer Erhöhung in der Mitte des sich hier in die Donauebene ausweitenden Thales herrlich gelegen, äußerlich wohl unterhalten, hoch und ansehnlich, mit einem erst vor wenigen Jahren restaurirten Thurm, innerlich aber in seiner jetzigen Gestalt unbewohnbar und blos als Fruchtkasten benutzt. Der Saal war mit Deckengemälden geziert, die übrigens von keinem Werth gewesen zu seyn scheinen, und jetzt fast ganz zerrüttet sind. Überhaupt scheint nie viel auf die innere Ausstattung verwendet worden zu seyn. Das Hauptportal des Saales hat zwar geschnitzte Verzierungen, ist aber nur von weichem Holz. Am besten ist noch ein Zimmer im obern Stock erhalten, das auch als Eckzimmer die schönste Lage und Aussicht hat. Es ist im Geschmack des 17. Jahrhunderts decorirt, mit einem Fußboden von grün glasirten Plättchen, grünem Getäfel an den Decken, grünen Thürpfosten, aber kahlen weißen Wänden. Über der Hauptthüre sind zwei Wappen neben einander angebracht, das Württembergische des Herzogs Julius Friedrich zu Weiltingen und das Holsteinische seiner Gemahlin Anna Sabina, Prinzessin von Holstein-Sonderburg, welche 1659 starb.

Dem Schloß östlich gegenüber auf derselben Anhöhe steht die Pfarrkirche, unstreitig eine der merkwürdigeren Kirchen des Landes, sowohl hinsichtlich ihres Alterthums und ihrer Bauart, als besonders wegen der 144 räthselhaften, zum Theil phantastischen steinernen Figuren, welche außen rings unter dem Dachgesims des ganzen Gebäudes herumlaufen. Das Nähere über diese Figuren s. in den Aufsätzen von Magenau und von Jaumann in den Württ. Jahrb. 1838. S. 38. ff. mit Abbildungen. Die Zeit der Erbauung dieser Kirche fällt ohne Zweifel in die Mitte des 12. Jahrhunderts. Hr. Dr. Merz giebt von ihr im Kunstblatt Nr. 48 des Jahrg. 1843 folgende kurze Beschreibung: „Rundarkaden auf Säulen (und einem achteckigen Pfeiler) mit Quastenbasis und phantastisch verzierten starken Capitellen; Chor und Abseiten durch halbrunde Nischen geschlossen. Das Chor ist flach in’s Kreuz gewölbt. Über den Arkadenbogen zieht ein Gesimsband hin, von dem auf jedes Säulencapitell mit Köpfen verzierte Leisten sich herabsenken. So ist jeder der sonst ungegliederten Rundbogen rechtwinklig eingeschlossen, und ebenso jeder Bogen des außen sich herumziehenden Rundfrieses; die Eckzwickeln von diesen sind mit einem erhabenen Knopf ausgeziert.

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_156.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Das frühere Schloß ist im 30jährigen Kriege eingeäschert worden, Sattler 9, 76.