Seite:OAHeidenheim 162.png

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eigenthümlichen Entstehung dieses Dorfes erklärt, und Burgberg in die Reihe der hülfsbedürftigsten Orte des ganzen Königreiches stellt.

Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts zählte der Ort, außer dem Schlosse, nur eine Mühle, vier Söldner und 15 Tagelöhner.[1] Die Söldner- und Tagelöhnerwohnungen machten den alten Weiler Oberberg aus, der im Gegensatz zu Unterberg oder Bergenweiler diesen Namen führt, auf dem linken Ufer der Hürbe liegt, und mit dem rechten, auf welchem die genannte Mühle, das Schloß und die Kirche sich befinden, mittelst eines Stegs und einer Furth verbunden ist. Nun geschah es zum Theil schon früher (s. hienach S. 166), besonders aber im Laufe des vorigen Jahrhunderts, daß allerhand herbeigelaufenes und heimathloses Gesindel, Pfannenflicker, Abdecker, Bürstenbinder, Korbflechter, Musikanten etc. in den grundherrlichen Schutz aufgenommen wurden. Der flache Südabhang des dem Schlosse gegenüber liegenden Stehberges (Stettberges) wurde diesen Ansiedlern eingeräumt, um kleine Häuschen zu erbauen, deren jedes mit Abgaben, welche zum Theil 11–12 fl. jährlich betragen, belastet wurde. Im Übrigen überließ man die neuen Unterthanen ihrem Schicksal. Gleichwohl fand die Colonie zahlreichen Zufluß, so daß nur allein in den Jahren 1786–1807 ein einziger wallersteinischer Beamter 63 Eheconsense größtentheils auf den Titel der Freikunst ausgestellt hat. Eine schnelle Vermehrung liegt in der Natur dieser Menschenklasse, und so hat die Bevölkerung allein in den letzten 22 Jahren beinahe um den 3ten Theil zugenommen. Die meisten dieser Leute lebten früher ausschließlich vom Bettel. Es ist Thatsache, daß der Vater dem Kinde als Heirathsgut einen gewissen District der Umgegend zum Ausbetteln abtrat. Der Montag war gewöhnlich der Tag, wo die Nachbarorte vom frühesten Morgen an von den Burgberger Müßiggängern heimgesucht wurden. Noch jetzt besitzen von 233 Familien 70 keinen Schuh breit Eigenthum, die übrigen entweder nur kleine Gärtchen und Kartoffelländer oder höchstens einen oder ein Paar Morgen Feldes, und nur zwei eigentliche Bauern sind im Ort. Nach einer im J. 1841 angestellten Berechnung leben von 561 erwachsenen Personen vom Feldbau 28; von ordentlichen Handwerken 25; vom Taglohn 38; in Diensten auswärts 74; vom Nähen und Spinnen 19; als Fuhrleute 3, zusammen 187 Personen, von welchen angenommen werden kann, daß sie, so kümmerlich es ihnen größtentheils geht, doch das Publikum nicht belästigen; 357 Personen treiben theils Hausirhandel in Verbindung mit irgend einer Fabrikation (darunter z. B. 110 Korbmacher und Strohbodenflechter, die zu einem großen Theil

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_162.png&oldid=- (Version vom 30.7.2017)
  1. Im J. 1400 bestand B. nur aus „der Vestin und der Mühle darunter“ wie es in dem württ. Freyungsbrief ausdrücklich heißt. S. unten.