Seite:OAHeidenheim 184.png

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Stadt geleitet. Die beste Ansicht bietet die Stadt unstreitig gegen das Thal von Herbrechtingen her. Hier hat man die in der Mitte des Thales emporsteigende Felsmasse vor sich, welche mit der alterthümlichen wohlerhaltenen Stadtmauer gekrönt ist. Aber auch von der entgegengesetzten Seite, von Hohenmemmingen her, präsentirt sich die Stadt sehr vortheilhaft. Der Boden, auf welchem Giengen erbaut ist, neigt sich stark nach Süden und Osten; eben ist nur der untere Theil, der bisweilen sehr durch Überschwemmungen leidet. Die Stadt hat drei Thore und zwei Einlässe, aber nur noch einen Thorthurm, den Memminger. Das untere, Lauinger oder Spital-Thor, ist nur ein Staketenthor, und das obere (Heidenheimer, früher Altengienger) Thor ganz verschwunden. Die Stadtmauer ist nur so weit abgetragen, als die Anlage neuer Häuser gegen Heidenheim es nöthig machte. Sonst enthält sich die Stadt bis jetzt, die Wahrzeichen ihrer städtischen Eigenschaft muthwillig zu zerstören. Die Stadt ist nach ihrem Unglück im J. 1634 (s. unten) nicht sehr regelmäßig wieder aufgebaut worden; die Straßen sind, die Marktstraße ausgenommen, ziemlich eng; doch kann der Eindruck, welchen das Aussehen der Stadt im Ganzen macht, nicht unfreundlich genannt werden. Die frequente aber enge Poststraße vom obern bis zum Lauinger Thor ist chaussirt, die Markt- oder Hauptstraße leidlich gepflastert und reinlich. Der höchste Punkt der Stadt ist die sogenannte Burg, oder der von der Nordwestecke derselben in das Thal hereinziehende Felsrücken, der gegen Westen die Stadt begrenzt und senkrecht abstürzt. Der Theil der Stadtmauer, welcher über diesen Felsrücken sich hinzieht, führt vorzugsweise den Namen der Burg. Am südlichen Theil derselben sitzt uraltes, regelmäßig geschichtetes Possagen-Gemäuer dem Fels auf; die übrigen Theile sind aus Mauersteinen oder auch Backsteinen ebenfalls sehr fest aufgeführt, zeigen aber zum Theil neuere Entstehung. Von einem Innbau, wenn je einer vorhanden und das Ganze nicht eine bloße Befestigung war, wie die sogenannte Burg in Eßlingen, der Giegelberg in Biberach etc., ist nichts mehr zu sehen. Nur jenes alte Possagen-Gemäuer scheint von einer wirklichen, frühe zerstörten Burg ein Überbleibsel zu seyn.

Die Zahl sämmtlicher Gebäude belief sich, den Schratenhof mit eingeschlossen, im J. 1838 auf 545. Darunter waren Wohngebäude 376. Dem Staat gehört das Stadtpfarrhaus, die Försterswohnung und ein Fruchtmagazin.

Die Pfarrkirche (zur h. J. Maria) steht an der Nordseite der Stadt auf einem freien Platze, der bis 1560 zum Begräbnißplatz diente. Durch das Brandunglück von 1634 wurde auch die Pfarrkirche bis auf die Umfangsmauern zerstört und lag in Ruinen

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_184.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)