Seite:OAHeidenheim 185.png

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bis 1654, wo die Stadt sich im Stande sah, mit Benutzung der alten Stockmauern die gegenwärtige Kirche aufzubauen. [1] Die Ulmer Werkmeister Leonhard Buchmüller und sein Sohn Martin waren die Architekten. Die Kirche ist groß, sehr geräumig, hell und hat durch ihre Renovation im J. 1821 so sehr gewonnen, daß hinsichtlich der Schönheit und würdigen Ausstattung des Innern nur sehr wenige evangelische Kirchen des Landes ihr an die Seite gesetzt werden können. Das Langhaus ohne den Chor hat 140’ Länge, 92’ Breite und eine verhältnißmäßige ansehnliche Höhe. Links und rechts an der Westseite erheben sich zwei Thürme, von welchen der eine, nördliche, der sogenannte Blaserthurm, als Hochwacht dient. Von gleicher Höhe mit diesem ist der Glockenthurm (145’ bis an den Stern), der ein schönes Geläute von 4 Glocken enthält, und mit einem kupfernen Kuppeldach gedeckt ist. Über das Alter der ursprünglichen, 1634 abgebrannten Kirche hat man keine nähere Nachricht. Der Blaserthurm trägt bis an seinen 1579 hinzugekommenen achteckigen Aufsatz den deutlich ausgesprochenen Charakter der vorgothischen Bauart. Dasselbe soll bei dem 1709-1714 gänzlich modernisirten Glockenthurm der Fall gewesen seyn, an welchem ähnliche groteske Figuren, wie an der Kirche in Brenz, angebracht waren, die bei dem Umbau zu Grunde giengen. An der Kirche selbst sind die Merkmale ihrer ursprünglichen Bauart schon vor dem Neubau von 1634 verwischt worden. Im Chor steht ein, gewöhnlich bei Festtags-Communionen gebrauchter schöner Hochaltar, das Geschenk eines Dr. Gockelius I. U. L. in Ulm, 1654. Vor der erwähnten Katastrophe des J. 1634 stand an der Stelle desselben ein Altar mit einem großen massiv silbernen Wallfahrtsbild der heil. Maria, das von den Spaniern geraubt wurde. Ein großes Ölgemälde in der Kirche, von Johannes Stölzlin, stellt die Einäscherung der Stadt und die Mordscenen vor, welche die spanischen Soldaten an den wehrlosen Einwohnern verübten. [2] Ganz in der Nähe der Pfarrkirche stand die 1466 erbaute und 1811 aus Veranlassung des Schulhausbaues abgebrochene Kapelle zur heil. Dreifaltigkeit, eine Stiftung Ulrichs von Rammingen. Das sehr schöne Grabmonument desselben, aus gesprenkeltem kastanienbraunem Marmor, ist aus dieser Kapelle 1811 in die Kirche gebracht worden. Die Kirche mit dem Glockenthurm ist Eigenthum der Stiftungspflege,

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Heidenheim. J. G. Cotta’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeidenheim_185.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Der eifrige Prediger Simon Böckh reiste zweimal durch Deutschland, um für den Kirchenbau zu collectiren, und brachte im Ganzen 4190 fl. zusammen. Die Stadt Hamburg allein steuerte 418 fl. bei.
  2. Der Vater des Malers, der Schul- und Rechenmeister David Stölzlin, ein 80jähriger Greis, wurde von einem Spanier durchbohrt.