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Formen von dem Renaissance-Style verdrängt. An den Ecken haben die Wasserspeier Drachengestalten und sind wie die übrigen Verzierungen bereits verschnörkelt. Dazwischen ist Alles mit den bizarrsten Relieffiguren überladen. Man siehet musikalische Instrumente, zwei Mönche mit Raubvogelschnäbeln, Affen und Hunde in geistlichen Gewändern, ein feistes Thier mit Krallen und einem Rosenkranzschweife. Die Feinde der damaligen Reformation, Mönch und Türke, vereinigen sich mit langen Hälsen im Rumpfe eines Raubvogels. Daneben sind die vier Embleme der Evangelisten (Adler, Löwe, Engel und Stier) zu sehen.

Man siehet diesem barocken Aufsatz deutlich an, daß der Baumeister und seine Gesellen der evangelischen Kirchen-Reformation zugethan waren.

Der Meister war Hans Schweiner aus Weinsberg, mit dem im Jahr 1507 ein Akkord geschlossen worden ist. Über die, welche früher an diesem Kirchenbau gearbeitet haben, konnte man bis jetzt nur soviel erfahren, daß Meister Burkhard Engelberger aus Hornberg im Schwarzwald, welcher am 1. Febr. 1512 in Augsburg gestorben, dabei zu Rath gezogen worden ist, daß noch früher Hans von Mingolsheim, der 1464 zu Speier in die Strasburger Steinmetzen-Ordnung getreten, den Chor erbaut hat, und daß Peter Haidner aus Heilbronn als geschickter Steinmetz vor 1487 daran gearbeitet hat.

Sehr schön in Stein ausgeführt ist das Sakramenthäuschen neben dem Hochaltar, mit dem Wappen eines Patriziers Hünderer.

Der Hochaltar selbst besteht aus Holzschnitzarbeit vom Jahr 1498 (nach Carl v. Heideloff von Tillmann Riemenschneider aus Würzburg und seinen Schülern) und enthält in der Predella den Leichnam Christi von Maria und Johannes gehalten, zur Seite je zwei lateinische Kirchenväter, im Schreine darüber Maria mit dem Christuskinde, zur Seite je zwei griechische Kirchenväter. Die Thüren dieses Altarschreins enthalten vier Basreliefs: die Anbetung des neugeborenen Erlösers durch die Engel, Christi Auferstehung, Mariens Tod und die Ausgießung des heiligen Geistes auf die Apostel darstellend. Über dem Altarschreine sind die geschnitzten Bilder Christi am Kreuze, von Maria, Magdalena und Johannes beweint, und die Spitze der gothischen Pyramide ist des Auferstandenen Bild. (Prof. Lübke in seiner Geschichte der Plastik S. 536 nennt diesen Altar eins der herrlichsten Werke deutscher Kunst und rechnet dieses

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Heinrich Titot: Beschreibung des Oberamts Heilbronn. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1865, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeilbronn_169.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)