Seite:OAHeilbronn 171.png

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und die Orgel so übel angebracht ist, daß die Rosette an der Westseite des Thurms keine Lichtstrahlen in das Schiff werfen kann. Doch hängen schon längst Armleuchter in den Schiffen, die von Advent bis Lichtmeß Nachmittags mit Kerzen Licht schaffen, was dieser Kirche andernseits den Vorzug gibt, daß auch Nachts Gottesdienst abgehalten werden kann, z. B. am Sylvesterabend. Den kostbarsten Leuchter aus dieser Kirche, welcher 3721/2 Loth Silber hatte, nahmen 1799 die Franzosen hinweg.

2) Die evangelische St. Nicolaikirche steht nahe an dem Neckarsülmerthor am Kirchhöflein, letzteres jetzt ein freier mit Bäumen besetzter Platz, der ehedem zum Beerdigen gedient hat während der Belagerungen, noch in den Jahren 1634 und 1688.

Diese Kirche wurde im Spitzbogenstyl im 14. Jahrhundert erbaut. Ein Ablaßbrief des Bischofs Albert von Würzburg vom Jahr 1351 suchte den Bau derselben zu fördern, 1363 wurde ein Altar der hl. Katharina darin errichtet, 1495 weihte Georg, Bischof zu Nicopolis als würzburgischer Vicar den Heiligen Medardus, Hypolitus und Ulrich, Barbara und Appollonia fünf Altäre, und in demselben Jahre verlieh er allen, welche diese Tochterkirche besuchen, begaben und im Umgang um den Kirchhof für die Seelen beten, einen 40tägigen Ablaß.

Nachdem die Kirchen-Reformation in Heilbronn Eingang gefunden hatte, baten 1525 mehrere Zunftmeister den Rath um die Erlaubniß, durch Dr. Lachmann in der Nikolaikirche das Evangelium predigen zu lassen, was auch geschah und seit 1528 ist sie ganz dem evangelisch-lutherischen Gottesdienste gewidmet.

Die Altäre der Heiligen und alle an diese Kirche angebauten Kapellen wurden abgebrochen.

Zur Zeit des 30jährigen Kriegs wurde die Kirche zu einem Zeughause verwendet, am 21. Sept. 1706 aber wieder eingeweiht. 99 Jahre lang wurde an jedem Sonntage eine Vormittagspredigt, auch Kinderlehren und alle Leichpredigten in dieser Kirche gehalten. Der letzte an derselben angestellte Pfarrer war Heinr. Dautel, der 1835 in Stuttgart als Oberhofprediger gestorben ist.

Am 29. Sept. 1805 rückte nämlich der Marschall Soult mit einem französischen Armeecorps ein, machte die Stadt zu einem Waffenplatze, ließ eine Besatzung zurück und in dieser Kirche und in dem daneben stehenden Carmeliterkloster einen Militärspital einrichten. Nach dem Abzuge der Franzosen wurde die Kirche im Sept. 1807 ein württembergisches Zeughaus; im Nov. 1813 ein Spital für

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Heinrich Titot: Beschreibung des Oberamts Heilbronn. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1865, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHeilbronn_171.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)