Seite:OAHerrenberg 020.png

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bei Mötzingen um 466 par. Fuß höher liegt als bei der oberen Mühle bei Altingen. Die Schichten in ihrer Altersfolge von unten nach oben sind folgende:

1) Die Muschelkalkformation, welche nur mit ihren 2 obersten Gliedern, dem Hauptmuschelkalk und dem Muschelkalk-Dolomit, zu Tage geht, wenn nicht anders die über der Formation ziemlich verbreitete Lettenkohlengruppe, über deren Einreihung sich die Geognosten noch nicht geeinigt haben, auch zur Muschelkalkformation gerechnet wird. Der Hauptmuschelkalk erscheint hauptsächlich an den schroffen Thalgehängen der Ammer unterhalb Altingen und setzt bis nach Poltringen fort, ebenso an den Gehängen des Kochenhardtgrabenthals, wo er zwischen Bondorf und Öschelbronn beginnt und bis nach Reusten fortsetzt. Außer diesen Stellen kommt er zusammenhängend, das Plateau bildend, im westlichsten Theile des Bezirks auf der Markung Ober-Jettingen und westlich von den Orten Kuppingen, Unter-Jettingen und Mötzingen vor. Nordöstlich von Ober-Jesingen und nordwestlich von Gärtringen greifen noch einige Muschelkalkthäler in ganz geringer Ausdehnung in den Bezirk ein; bei Haslach und Sindlingen kommt der Hauptmuschelkalk nur vereinzelt zu Tage und weicht bald wieder den ihn überlagernden Schichten. Über dem Hauptmuschelkalke entwickelt sich in ziemlicher Mächtigkeit und namhafter Verbreitung der Muschelkalkdolomit (Malmstein), der häufig die Abhänge der minder tief eingeschnittenen Thälchen und nicht selten auch das Plateau theilweise bildet, wie bei Nufringen, Ober-Jesingen, Kuppingen, Herrenberg, Gültstein, Unter-Jettingen, Öschelbronn, Mötzingen, Reusten u. s. w. Die sparsamen Petrefakte desselben bestehen in Gervillia socialis, Terebratula vulgaris, Pecten lävigatus, Ammonites nodosus s. Nautilus bidorsatus.

2) Die Lettenkohlengruppe, welche sich durch die Einschlüsse von fossilen Land- und Uferpflanzen wesentlich von dem Muschelkalk unterscheidet, und sich wie der eigentliche Keuper deutlich als ein Schlamm- und Sandgebilde des Meeresstrandes kundgibt, erscheint besonders ausgeprägt in der Nähe von Seebronn und Bondorf, wo sie dem Terrain sanft gewölbte Hügelformen verleiht. An beiden Stellen lagert unter dem Diluviallehm ein mehr oder weniger thonhaltiger Kalkmergel (Lettenkohlenkalk), welcher Abdrücke und Steinkerne von Myophoria Goldfusii, Gervillia socialis einschließt. Darunter folgen Thon- und Sandmergel und ein schöner grünlichgrauer feinkörniger Sandstein, 10 bis 25 Fuß mächtig, welcher allgemein zum Hochbau verwendet wird und zahlreiche Calamiten, Equiseten und Farrenkräuter-Abdrücke einschließt.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 020. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_020.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)