Seite:OAHerrenberg 107.png

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zum Theil winkelig. Dagegen hat der beinahe in der Mitte der Stadt gelegene viereckige Marktplatz eine namhafte Ausdehnung und ist, wie die meisten Ortsstraßen, gegen Westen abhängig, was zur Reinlichkeit des Orts viel beiträgt, indem bei Regengüssen Marktplatz und Straßen abgeschwemmt und die Unreinigkeiten aus denselben fortgeführt werden. Früher wurde die Stadt in die obere und untere abgetheilt, gegenwärtig unterscheidet man nur noch den innerhalb der Mauern gelegenen Theil (Altstadt) und die Vorstädte. Die Gebäude sind mit Ausnahme der öffentlichen und einiger Privathäuser, meist unansehnlich und zum größten Theil erst nach dem Jahre 1635 erbaut, in welchem den 18. Juli die Stadt beinahe ganz eingeäschert wurde. Was die ehemalige Befestigung anbelangt, so liefen von dem wohlbefestigten Schloß zwei starke, mit Umgang und staffelförmigen Zinnen versehene Mauern gegen die Stadt, wo sie sich an die Stadtmauern anschlossen, so daß Stadt und Burg in ungehindertem, geschütztem Verband standen. Außer der mit hohen Thürmen[1] versehenen, 1622 bedeutend ausgebesserten Hauptmauer lief um die Stadt nebst Wall und tiefem Graben, noch eine zweite, weniger hohe Mauer, an der Halbrondele mit Schießscharten und Zinnen angebracht waren; von den Halbrondelen sind noch drei vorhanden und zwar zwei an der Südseite und eines an der Westseite der Stadt. Überdies gewährte der an der Westseite gelegene See (s. unten) der Stadt einen bedeutenden Schutz. Drei Hauptthore und zwei Nebenthore führten in die Stadt; erstere waren sogenannte Doppelthore, so zwar, daß ein Thor diesseits und eines jenseits des Stadtgrabens stand, und das näher der Stadt gelegene je einen bedeutenden Thurm über sich hatte, während die Verbindung beider Thore mittelst Zugbrücken hergestellt wurde. Hauptthore waren 1) das Nufringer Thor an der Nordseite, 2) das Brunnen-Thor an der Westseite, wo gegenwärtig das Hofkameralamts-Gebäude steht, und 3) das Tübinger Thor an dem sogenannten Stiftskasten der Ostseite der Stadt gelegen; Nebenthore waren das dermalen noch stehende Hack-Thor hinter der Kirche an der Stadtmauer und das Gerber-Thor[2], welches an der Nordwestseite der Stadt stand. Ein kleines Ausfallthörchen war in der Nähe des Sees angebracht. Durch den meistens in das gegenwärtige Jahrhundert fallenden Abbruch der Thore (des Nufringer z. B. im Jahr 1823)


  1. An der nordwestlichen Ecke der Stadt stand der St. Gallen Thurm oder das Frauengefängniß.
  2. Auf dem 1752 abgebrochenen Gerberthor stand die Jahrszahl 1484.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_107.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)