Seite:OAHerrenberg 155.png

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Der große Ort, der zu den schöneren des Gäus gerechnet werden darf, hat eine freie, gesunde, im südlichen Theile ebene, im nördlichen gegen den Brühlgraben abhängige Lage und ist, vermuthlich in Folge mehrerer Brandfälle[1], welche denselben getroffen haben, regelmäßiger angelegt als die meisten Orte des Bezirks. Die Gebäude sind meist ansehnlich, Wohlhabenheit verrathend und die größtentheils breit angelegten Ortsstraßen mit Kandelung versehen. Das ursprüngliche alte Dorf war ummauert und hatte drei Thore und zwar: das Kuonzen-Thor, welches an der Hauptstraße beinahe in der Mitte des gegenwärtigen Dorfs, zunächst der Wohnung des Jacob Weimar, Orgelmacher, stand, das obere Thor stand an der südöstlichen Ecke des Orts und das Brunnenthor unfern des Badbrunnens; letzteres wurde erst im Jahr 1809 abgebrochen, während die übrigen schon früher abgingen.

Die im östlichen Ortstheile gelegene Pfarrkirche war ursprünglich fest und mit einer Mauer, an deren Außenseite ein tiefer Graben lief, umgeben; die Mauer hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten, dagegen ist der Graben größtentheils ausgefüllt worden. Über denselben führte eine Brücke, und noch heißt der an ihre Stelle getretene Weg die Kirchbrücke. Das Langhaus der Kirche ist im Jahr 1752 durchaus verändert und seines früheren Baustyls beraubt worden, während der mit einem halben Achteck schließende Chor noch den spät germanischen Styl an sich trägt, der übrigens dem einer weit früheren Periode angehörenden Inneren nicht entspricht. Dagegen ist der viereckige, durchaus massive Thurm, in seiner streng romanischen Bauweise insofern noch erhalten, als von den sechs Stockwerken desselben nur die zwei oberen einer neueren Zeit angehören. Das Innere der Kirche ist düstern und durch Emporen verbaut; Kanzel, Altar und Orgel sind im Rococcostyl verschnörgelt, sowie das schöne Kreuzgewölbe des Chors durch später angebrachte Stuckarbeiten verunstaltet. Das untere Stockwerk des Thurms hat ein rundbogiges Kreuzgewölbe, dessen abgeplattete Gurten von romanischen Consolen ausgehen; auf dem Thurme hängen 3 Glocken, welche sämmtlich 1624 gegossen wurden.

Der in neuester Zeit nordwestlich am Ort angelegte Begräbnißplatz wie die Pfarrkirche werden von der Stiftungspflege, dagegen das


  1. Im Jahr 1559 den 26. Mai ist Bondorf sammt Kirche und Thurm (von diesen übrigens nur das Innere), bis auf 4 Häuser abgebrannt. Im Jahr 1685 den 6. Mai wurden in Folge eines Blitzstrahls, 41 Wohnhäuser nebst Scheuern und 16 Ställe innerhalb 2 Stunden ein Raub der Flammen, und den 23. Oct. 1815 brannten in Zeit von 2 Stunden abermals 40 Gebäude ab.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_155.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)