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Badzinsen, später an die Gemeinde Pfäffingen (früher an die Herren von Gültlingen in Pfäffingen).

Durch den Ort fließt der bei Breitenholz entspringende Käsbach, welcher an der Westseite des Dorfs den Rohrbach aufnimmt; über denselben führen im Ort zwei hölzerne Brücken, von denen eine die Mädlesbrücke genannt wird, und außerhalb desselben in der Nähe der Mühle die Aischbachbrücke. Überdies ist noch eine kleine, steinerne Brücke nordwestlich vom Dorf über den Rohrbach angelegt. Periodisch fließende Quellen, sogenannte Hungerbrunnen, sind mehrere vorhanden, namentlich im Ort, und zwar einzelne in Kellern, wie überhaupt in nassen Jahrgängen beinahe die Hälfte der Wohnungen Wasser in die Keller bekommt.

Ein bedeutender Hungerbrunnen besteht nördlich vom Ort und sendet sein periodisch fließendes Gewässer in den Käsbach, der deßhalb eine Strecke weit der Hungerbrunnengraben genannt wird. Etwa 300 Schritte unter der Aischbachbrücke befindet sich ein 12 Fuß breites Bassin, aus dem eine Quelle hervorsprudelt, die 6 Brunnenröhren zu speisen im Stande wäre; es wird das Grundlos genannt, weil man in demselben wegen des Schlammes noch keinen festen Grund finden konnte.

Die Einwohner von Entringen sind, abgesehen von dem hier auftretenden Cretinismus, im Allgemeinen minder ansehnlich, als die eigentlichen Gäubewohner, übrigens von dauerhafter Gesundheit und erreichen nicht selten ein hohes Alter; ihr Charakter ist im Allgemeinen ein guter, namentlich trifft man neben großem Fleiß und Sparsamkeit auch viel Sinn für Religion, der häufig in strengen Pietismus übergeht und in neuerer Zeit, bei etwa 30 Ortsangehörigen, bis zur Secte der sogenannten Neukirchlichen ausgeartet ist[1].

Die Haupterwerbsmittel bestehen in Feldbau, Viehzucht, Obst- und Weinbau, während die minder Bemittelten sich durch Holzmachen in den Staatswaldungen und durch Handel mit Gips ihr Auskommen sichern. Der Gips wird in mehreren Gruben auf der Markung gewonnen und in zwei, mit Pferdekraft getriebenen Gipsmühlen gemahlen; überdies kommt noch viel ungemahlener Gips zum Verkauf und wird zum Theil bis auf die Alp verführt. Einzelne gewinnen in dem nahe gelegenen Schönbuch Stuben- und Silbersand, der in dem Gäu und sonst in der Umgegend Absatz findet. Die ziemlich zahlreich vertretenen Gewerbe dienen mit Ausnahme der


  1. Über diese Secte siehe Württemb. Jahrb. Jahrg. 1846. Heft I. S. 56.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_172.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)