Seite:OAHerrenberg 184.png

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namentlich auch der Verkehr mit der 5/4 Stunden südwestlich gelegenen Oberamtsstadt hergestellt ist.

Die Pfarrkirche ist von dem frühgermanischen Styl in den germanischen Styl des 16. Jahrhunderts geändert und in demselben ziemlich rein erhalten; das Langhaus wie der mit einem halben Achteck schließende, mit Strebepfeilern versehene Chor, hat ziemlich breite spitzbogige, in den Bogentheilen mit germanischem Maßwerk gefüllte Fenster, und nur an der Nordseite hat sich noch ein schlankes Spitzbogenfenster von der ursprünglichen Bauweise erhalten. Der hohe, viereckige, ganz massive Thurm, dessen Mauern eine Dicke von 10 Fuß haben, besteht aus vier Stockwerken und trägt ein einfaches Satteldach mit abgestutzten Giebelecken. Die drei unteren Stockwerke haben schießschartenartige Lichtlöcher, während sich an dem vierten auf jeder Seite ein germanisch gefülltes Spitzbogenfenster befindet; in diesem Stock hängen drei Glocken, von denen die größte die vier Evangelistennamen mit der Jahreszahl 1406 enthält, die mittlere, sehr alte, hat weder Schrift noch Zeichen, und die kleinste wurde 1761 gegossen. Das untere Stockwerk des Thurms hat ein Kreuzgewölbe, dessen Schlußstein einen leeren Wappenschild enthält; über den später eingebrochenen Eingang steht die Jahreszahl 1455. An der Westseite des Langhauses ist ein Vorbau (Paradies) angebracht, den ein Netzgewölbe deckt, auf dessen Schlußstein der heil. Veit, der Schutzpatron der Kirche, abgebildet ist. Von diesem Vorbau führt ein schön gehaltener, spitzbogiger Eingang, der mit Krappen und zu beiden Seiten mit Halbfialen verziert ist, in das Innere der Kirche. Das großartige, mit schönem Netzgewölbe gedeckte Langhaus, wird von Strebepfeilern, die in dem Inneren der Kirche aufgeführt sind, und auf jeder Langseite gleichsam vier Seitennischen bilden, unterstützt; sie enthalten ebenfalls Netzgewölbe, deren Schlußsteine schön gearbeitete Rosetten bilden. Auf den Schlußsteinen des Hauptgewölbes sind in der Richtung von Westen nach Osten folgende Figuren dargestellt 1) das Wappen der Freiherrn von Reischach, 2) eine durchbrochene Rosette, 3) das Wappen der Freiherrn von Gärtringen, 4) eine Rosette, 5) das württembergische Wappen, 6–9) die Symbole der vier Evangelisten, 10) Simeon mit dem Christuskinde und 11) die Marterwerkzeuge. Die Gewölbegurten, wie die Kreuzungspunkte derselben sind nach alter Weise bemalt und die Wände enthalten Fresken, die Propheten und Evangelisten vorstellend, welche übrigens keinen artistischen Werth haben. In der Nähe der Kanzeltreppe stehen zwei steinerne Grabdenkmale; das eine von einem Hans Bernhard von Gärtringen, † 1519, welches einen geharnischten Ritter, das Gärtringen’sche

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Herrenberg. Eduard Hallberger, Stuttgart 1855, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAHerrenberg_184.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)