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schön als romantisch. Durch den Ort fließt die in der Nähe entspringende Lindach; auch führt die Straße nach Wiesensteig durch denselben. Er gehört zu dem dortigen Kameralamt und in die III. Klasse. Der große und Noval-Zehente gehört dem Armenkasten Weilheim, der ihn alljährlich verpachtet, der kleine und der 1797 in ein Surrogat verwandelte Blut-Zehente aber der Pfarrei Neidlingen. Den Wein- und Heu-Zehenten hat der Staat mit dem gedachten Armenkasten, ausschließlich der sogenannten Lichtensteiner Weinberge, die bis 1700 zehentfrei waren, und ihm allein zehenten, zu theilen. Die Gemeinde besitzt das Fischrecht und hat 1816 die Schloßgutsfrohnen mit 1600 fl. und seit 1818 an grundherrlichen und Jagd-Gefällen aller Art für 4381 fl. 17 kr. dem Staat abgekauft. Namentlich sind die 162 Lehen eigen gemacht und sämmtliche Laudemien abgelöst worden. Außer dem Staate sind noch einige Stiftungspflegen gefällberechtigt.

Der Ort war mit Ochsenwang und Randeck Kammerschreibereigut. Die 160 Haupt- und 10 Neben-Gebäude, worunter 1 Kelter, 1 Ziegelhütte und 1 Armenhaus, ziehen sich 1/4 St. lang am Fuße der Alp hinauf. Die Kirche, etwa in der Mitte des Ortes, steht auf einem freien Platze und wurde 1745–1746 auf einem Stücke des Schloßgartens erbaut. Äußeres und Inneres ist sehr gefällig und durchaus symmetrisch. Die gute Orgel von Gall in Weilheim 1757 erbaut, hat 12 Register und 1 Glockenspiel. Die Baulast liegt der Stiftungspflege ob. Auf ihrer südöstlichen Seite gewährt sie ein Echo von seltener Klarheit. Die frühere, nun abgebrochene Kirche, stand auf dem alten Kirchhofe. Nach dem Lagerbuche von 1626 lag unten im Dorfe bei dem Amthaus eine alte Capelle. Das 1598 erbaute Pfarrhaus hat der Armenkasten Weilheim zu erhalten. Oben im Dorfe stand ein altes, sehr vestes Schloß; es bildete ein Viereck mit großem innerem Hofraum. Auf jedem der 4 Ecken war ein Thurm, mit Erkern geziert, und, das Ganze umgaben ein tiefer Wassergraben mit Aufzugbrücken, und Wälle und Mauern. Im Vorhofe stand ein schöner steinerner Brunnen mit 4 Röhren.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Kirchheim. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1842, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAKirchheim_209.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)