Seite:OALeonberg 137.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

anreihte; auf der andern Seite lag der Hoheitengarten. Außer diesen waren noch mehrere Partien, wieder Lorbeer- und Feigengarten, das Rosenparterre, der Blumengarten etc. vorhanden, welche zu der Pracht dieser Anlagen nicht wenig beitrugen. Zwischen der gegenwärtigen Försterwohnung und dem Schafhaus stand das große Monument, den Herzog Karl zu Pferd vorstellend, aus vergoldetem Gyps, dessen Umgebungen mit Orangenbäumen garnirt waren. Eine Forstbaumschule lag in ziemlicher Entfernung vom Schloß an der Straße nach Leonberg. Das ganze Areal der Gebäude und Anlagen begrenzten ringsum Waldungen, die auf weite Entfernungen mit breiten Alleen durchzogen waren; ein Theil derselben diente als Park für weiße Hirsche und Damwild.

Im Februar 1770 legte Herzog Karl allhier den Grund zu der berühmten Karls-Academie, welche im Jahr 1781 zur Universität erhoben wurde. Anfänglich wurden 14 Soldatenkinder ausgesucht, welche unter Aufsicht eines Hauptmanns zu Gärtnern angeleitet werden sollten, kurz darauf wurden noch 17 Kinder aufgenommen als Zöglinge der Bau- und Bildhauerkunst; noch am 14. Dez. desselben Jahres kamen weitere 50 Kinder, hauptsächlich Waisenkinder, hinzu und die Anstalt erhielt am letztgenannten Tag, welcher von nun an als Stiftungstag gefeiert wurde, den Namen Militärwaisenhaus, welcher 1771 in „Militärpflanzschule“ und 1772 in „Militäracademie“ verwandelt wurde. Seit 1775 wurde der Herzog des Aufenthalts auf der Solitude überdrüssig, und wie er selbst hinwegzog, so verpflanzte er auch die Militäracademie nach Stuttgart.

Jetzt sind die ausgedehnten Anlagen, welche sich ehemals eines europäischen Rufs zu erfreuen hatten, meist wieder zu Waldungen umgewandelt; nur etwa 80 Mrg., bestehend aus 30 Mrg. Äcker, 40 Mrg. Wiesen und 10 Mrg. Weide, bilden die K. Domäne und werden von einem Pächter im Dreifeldersystem rationell bewirthschaftet.

Der etwas magere, düngerbedürftige Keupersandboden hat eine thonige Unterlage und eignet sich hauptsächlich für den Hafer- und Kartoffelbau; übrigens gedeihen auch die gewöhnlichen Cerealien und Brachgewächse. Das Obst geräth, trotz der hohen, exponirten Lage, sehr gern. Trinkwasser liefert nur 1 Pumpbrunnen, dagegen sind noch einige Weiher in nicht zu großer Entfernung vom Schloß vorhanden, von denen der schon oben angeführte der namhafteste ist.

Obgleich die frühere Pracht der Solitude größtentheils verschwunden ist, wird sie dennoch, ihrer herrlichen Aussicht wegen, von den Bewohnern der Umgegend, besonders der Hauptstadt und von Fremden, immer noch häufig besucht; eine gute Gastwirthschaft, welche gegenwärtig der Pächter der Domäne betreibt, reicht den Besuchern Erfrischungen, und

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_137.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)