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Nachdem das Lehen durch diesen Todesfall heimgefallen war, belehnte Herzog Eberhard den 17. September 1650 seinen verdienten geheimen Regimentsrath, Joh. Konr. Varnbüler; mit dem Schloßgut, dem halben Dorf und noch anderweitigen Besitzungen; die Besetzung der Pfarrstelle sollte zwischen Württemberg und dem Lehensträger wechseln. Derselbe wurde in eben diesem Jahr von Kaiser Ferdinand dem Dritten in seinem „über 400 Jahre alten Reichsadel bestätigt,“ und im Jahr 1652 der schwäbischen Reichsritterschaft, Theil am Neckar, Schwarzwald und Ortenau für sich und seine Nachkommen personaliter und realiter incorporirt. Dessen Nachkommen, die Freiherren von Varnbüler, und zwar heutzutage Friedrich Gottlob Carl, sind die Besitzer des Lehens.

Mit Ausnahme des als reichsritterschaftliche Besitzung anerkannten Schloßguts stund Hemmingen schon vor dem Jahr 1806 unter württembergischer Landeshoheit.

Das Landbuch von 1744 sagt: „Die Einwohner sind zwischen Württemberg und den von Varnbüler den Häusern nach abgetheilt, daß Jeder weiß, welchem Vogtsherrn er gehörig ist; die Unterthanen haben gegen einander den freien Zug; in Beziehung auf die Collectation wird es mit den Gütern auf verschiedene Art gehalten, die hohe Jurisdiction hat aber Württemberg allein zu exerciren, die niedergerichtliche dagegen ist miscirt und getheilt." Die ritterschaftliche Collectation in der einen Hälfte von Hemmingen kam an Württemberg durch Vergleich mit dem Canton Neckar-Schwarzwald im Jahr 1769 (Cramer Wetzlar’sche Nebenstunden 112, 600). Indessen übten die Freiherren von Varnbüler bis zum Jahr 1809 in ihren Ortsantheilen die niedere Jurisdiction aus, gegen deren Verzichtung ihnen im Jahr 1823–25 die ritterschaftlichen Surrogatrechte eingeräumt wurden.

An der hiesigen Pfarrkirche bestunden Frühmesserstellen, welche Konrad von Schöckingen im Jahr 1358 stiftete. – In die Patronats- und Nominations-Rechte theilen sich die Krone Württemberg und die Freiherren von Varnbüler dergestalt, daß die Nomination des Pfarrers alternirt, die Collatur aber jederzeit dem Hause Württemberg zusteht.

Im Jahr 1826 vertauschten die Freiherren v. Varnbüler ihre Zehenten an Württemberg gegen das vormalige Rittergut in Höfingen, behielten aber ihre Patronatsrechte in Hemmingen bei. Bis zum Jahr 1806 hießen die Gutsherren Mitvogtsherren oder Condomini, jetzt heißen sie Compatroni.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_164.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)