Seite:OALeonberg 196.png

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die Kirche gekehrten Seite, hat das Steinhaus einen spitzbogigen und einen rundbogigen Eingang; über ersterem ist das Wappen des Klosters Herrenalb, über dem andern die Eberstein’sche Rose angebracht. Außer den vorhandenen schießschartenartigen Lichtöffnungen sind die Fenster theils geradelinig – gepaarte oder gedreite, theils solche, welche in späterer Zeit, dem gegenwärtigen Zweck des Gebäudes entsprechend, eingebrochen wurden. Von dem ursprünglichen Einbau haben sich nur zwei aus starkem Eichenholz im romanischen Style gearbeitete Säulen im untersten Stockwerke noch erhalten.

Statt des Begräbnißplatzes, der früher die Kirche umgab, wurde schon längst ein Gottesacker an der mit Pappeln besetzten Straße nach Heimsheim neben der St. Wendels-Kapelle angelegt, und zunächst demselben im Jahr 1770 ein weiterer, sowie im Jahr 1838 ein dritter, am westlichen Ende des Orts gelegener Platz für den gleichen Zweck bestimmt.

Das alte, aber gut erhaltene Pfarrhaus liegt etwa 100 Schritte von der Kirche und bildet mit seinen Ökonomie-Gebäuden einen wohl geschlossenen Pfarrhof; die Unterhaltung desselben liegt dem Staate ob. Am westlichen Ende des Orts steht das ehemals als Cameralamtssitz benützte Gebäude, welches die Gemeinde im Jahr 1837 um 6000 fl. erkaufte und zu Schulen und Wohnungen der Lehrer zweckmäßig einrichten ließ; an der Hofmauer desselben befindet sich ein Wappenschild mit einer offenen Scheere, durch die ein Abtsstab geht, und die Jahrszahl 1553. Das an dem ehemaligen Kirchgraben stehende Rathhaus, welches sich in gutem Zustande befindet, wurde nach einer über dem Eingang desselben angebrachten Jahrszahl 1601 erbaut. Ein öffentliches Waschhaus besteht schon längst. Außer dem herrschaftlichen Fruchtkasten in dem sogenannten Steinhaus ist noch ein weiterer, wie auch eine Zehentscheuer zunächst dem ehemaligen Cameralamts-Gebäude vorhanden.

Die fleißigen Einwohner finden ihren Haupterwerb in Feldbau und Viehzucht. Obgleich der Gesundheitszustand vorzüglich ist und Epidemien zu den Seltenheiten gehören, so ist doch seit mehreren Jahren die Bevölkerungszunahme gering.

Die Feldgüter der namhaften Markung liegen theils eben, theils an Abhängen, welche besonders im westlichen und südwestlichen Theile ziemlich stark geneigt sind. Der Boden ist im Allgemeinen tiefgründig und fruchtbar, jedoch sehr verschiedener Art; auf den Anhöhen und an den steilen Gehängen ist er sehr leicht, unzusammenhängend, zum Theil von oxydirtem Eisenerz roth oder braungelb gefärbt und häufig mit einer Menge loser Muschelkalksteine vermengt; am Fuß der Gehänge trifft man hauptsächlich einen guten schwarzen oder braunen Weizen- und Dinkelboden, zuweilen auch Lehmboden und Verwitterungen des Wellendolomits.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_196.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)