Seite:OALeonberg 224.png

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Das ansehnliche Schulhaus, mit geräumiger Wohnung und Scheune für den Schulmeister, liegt in der Nähe der Kirche und befindet sich in gutem Zustande; an der Schule unterrichten ein Lehrer, ein Unterlehrer und ein Lehrgehilfe; neben derselben besteht auch eine Industrieschule.

Aus einem freien Platze, beinahe mitten im Ort, steht das 1590 gebaute, übrigens gut erhaltene Rathhaus. Ein Gemeinde-Backhaus besteht schon längst, ebenso ein öffentliches Waschhaus.

Eine Mahlmühle, der es übrigens zuweilen an Wasser fehlt, befindet sich im Ort.

Die Poststraße von Stuttgart über Leonberg nach Weil d. St. führt durch das Dorf; außer dieser gehen noch Vicinalstraßen nach Malmsheim, Warmbronn und beziehungsweise nach Magstadt.

Die fleißigen, im Allgemeinen geordneten Einwohner sind theils wohlhabend, theils mittelmäßig begütert; ein großer Theil ist zwar in seinen Vermögensumständen zurückgekommen, doch sind keine Bettler vorhanden. Hauptnahrungsquellen sind Feldbau und Viehzucht, auch Weberei.

Unter den Schicksalen hiesiger Eingeborner ist das eines gewissen Grau merkwürdig, welcher 1574 Artillerie-Aufseher beidem obersten Bassa in Constantinopel wurde.

Die beträchtliche Feldmarkung liegt beinahe eben oder flach geneigt, mit Ausnahme eines kleinen Theils derselben, welcher sich an den die Niederungen umsäumenden Hügelreihen hinzieht. Der Boden der Feldgüter besteht im Allgemeinen aus einem tiefgründigen Diluviallehm, welcher sich leicht bearbeiten läßt und bei der umsichtigen Bebauung, die ihm zu Theil wird, reichlichen Ertrag, besonders an Dinkel, Hafer Gerste und Kartoffeln gewährt.

Die Luft ist feucht und die Temperatur der Nächte meist kühl, daher auch Frühlingsfröste häufig vorkommen. Die Ernte tritt um acht Tage später als in der Umgegend von Stuttgart ein, und zarte Pflanzen, wie Gurken, Bohnen u. s. w., wollen nicht gedeihen. Hagelschlag ist sehr selten.

Die Landwirthschaft steht auf einer blühenden Stufe, wozu der landwirthschaftliche Bezirksverein und das Beispiel des nahe gelegenen, rationell bewirthschafteten Ihinger Hofs wesentlich beigetragen haben. Zweckmäßige landwirthschaftliche Neuerungen, z. B. die Flandrischen und Suppinger Pflüge, sind seit mehreren Jahren eingeführt und haben den deutschen Wendepflug beinahe ganz verdrängt.

Bei dem in viele Parcellen vertheilten Ackerfeld besteht die Wirthschaft des Dreifeldersystems, welche übrigens, da das Brachfeld zum größten Theil angeblümt wird, eine verbesserte zu nennen ist. Die

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_224.png&oldid=- (Version vom 28.5.2019)