Seite:OALudwigsburg0165.jpg

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Nordwinden das Eindringen nicht gestattet, während der Siechenberg nicht so hoch ist, daß er den Zutritt der Sonnenstrahlen verhinderte.

Laufende Brunnen hat der Ort nicht, dagegen liefern neun Pumpbrunnen hinreichend Trinkwasser, das übrigens in heißen Sommern etwas spärlich fließt und in Beziehung auf Güte sehr verschieden ist; das weichste und beste Wasser führen der Badbrunnen, der Schulbrunnen und der Brunnen im äußeren Dorf, während die übrigen meist hartes, gypshaltiges Wasser liefern, das zum Kochen untauglich ist und auch auf die Gesundheit nachtheilig einzuwirken scheint, indem sich unter den Einwohnern einige Neigung zum Kretinismus findet. Früher soll eine Badstube im Ort bestanden haben, wofür noch der Badbrunnen, wie auch die am Dorf gelegenen Badwiesen sprechen. Gegen Feuersgefahr sind zwei Wetten vorhanden, auch soll östlich vom Ort demnächst noch ein Weiher angelegt werden; früher bestand östlich vom Dorf ein See, von dem noch der Damm, Seebuckel genannt, sichtbar ist. Bei dem Ort entspringen zwei Bäche, wovon der eine unter dem Namen Riedgraben gegen Osten dem Neckar, der andere gegen Westen der Enz zufließt; sie haben beide einen ganz geringen Fall und waren Ursache an der Wiesen-Versumpfung, die übrigens in neuester Zeit mit einem Gemeindeaufwand von 1000 fl. entfernt wurde. Periodisch fließende Quellen, sog. Hungerbrunnen, sind auf der Markung mehrere vorhanden.

Der Ort ist im Allgemeinen freundlich, gut aussehend und mit breiten, gerade geführten, größtentheils gekandelten Straßen versehen, an denen sich die etwas gedrängt, meist aus Holz erbauten Häuser, die zum Theil ein städtisches Aussehen haben, lagern. An der nordwestlichen Seite des Dorfs steht die ursprünglich im spät germanischen Styl erbaute, später stylwidrig veränderte Pfarrkirche, und an deren Südseite ein im Renaissancestyl erbautes, rundes Thürmchen, über dessen Eingang die Jahrszahl 1614 angebracht ist. Der einfache viereckige Kirchthurm trägt ein Zeltdach, aus dessen Spitze ein kleines Thürmchen emporwächst; auf demselben hängen zwei Glocken, von der die größte 1701, die andere in neuerer Zeit gegossen wurde. Das einfache Innere der Kirche bietet nichts Bemerkenswerthes; die im Rococcogeschmack gehaltene Kanzel trägt an der Brüstung die vier Evangelisten, am Kanzelstock ist Moses dargestellt. Von dem Langhaus führt ein spitzer Triumphbogen in den um zwei Stufen höher gelegten Chor, den ein schönes, eigenthümlich construirtes Gewölbe deckt, auf dessen Schlußsteinen das württembergische Wappen und zwei Rosetten dargestellt sind; die Gewölbegurten gehen von den

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg. Karl Aue, Stuttgart 1859, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALudwigsburg0165.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)