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Städtchen in den Bereich der Burgbefestigungen gezogen war. Zu dem ehemaligen ummauerten Städtchen gehörte der untere Theil des Orts, von der Kirche bis zur Stelle, wo das Seitenthälchen in das Neckarthal einzieht, der übrige Theil des Orts, welcher sich hauptsächlich an der Ludwigsburger Straße ausdehnt und aus meist kleinen Häusern besteht, wurde erst in neuerer Zeit erbaut. Übrigens sind auch die ältesten Gebäude des ehemaligen Städtchens nicht über 225 Jahre alt, indem die Kaiserlichen im Jahr 1634 den Ort abbrannten. Von den beiden, erst zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts abgebrochenen Thoren des Städtchens, stand eines, das sog. Mühlthor, an dem Gasthaus zur Krone, das andere, mit Thurm versehene, in der Mitte des gegenwärtigen Dorfs. Von dem Ufer des Neckars bietet der Ort in dessen Rücken sich einerseits die Ruinen der Burg Hoheneck, andererseits ein Landhaus des Commercienraths Ostertag erheben, eine sehr malerische Ansicht.

Am nördlichen Ende steht die dem heil. Wolfgang geweihte Pfarrkirche; sie ist im spät germanischen Styl erbaut, der sich übrigens nur an dem vierseitig schließenden mit Streben und spitzbogigen Fenstern versehenen Chor noch unverdorben erhalten, während das Langhaus stylwidrige Veränderungen erfahren hat. Auf dem First der Kirche sitzt zwischen Chor und Langhaus ein Thürmchen, sog. Dachreiter, dem ein sehr schönes, äußerst schlankes, mit Schiefer gedecktes Zeltdach aufgesetzt ist. Die beiden, auf demselben hängenden Glocken sind 1766 und 1815 gegossen worden. Das Innere des Langhauses ist ganz einfach; dagegen deckt den um zwei Stufen höher gelegten Chor ein schönes Netzgewölbe, dessen Schlußsteine in der Richtung von Westen nach Osten folgende Bildwerke enthalten: 1) ein von einem Engel gehaltenen Schild mit Steinmetzzeichen, 2) das Wappen der Herren von Speth, 3) der heil. Wolfgang und 4) die Mutter Gottes mit dem Jesuskinde. Überdieß enthält der Chor eine schön gefaßte, im Jahr 1851 von Weigle in Stuttgart gefertigte Orgel. Die Unterhaltung der Kirche liegt theils der Stiftungs-, theils der Gemeindepflege ob.

Der ummauerte, im Jahr 1841 vergrößerte Begräbnißplatz liegt um die Kirche.

Das sehr ansehnliche, an den Begräbnißplatz grenzende Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, befindet sich in gutem baulichen Zustande.

An der Hauptstraße, etwas entfernt von der Kirche, liegt das Schulhaus, welches nach einer über dem Eingang angebrachten Jahreszahl 1577 erbaut, im Jahr 1842/43 aber namhaft vergrößert

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg. Karl Aue, Stuttgart 1859, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALudwigsburg0231.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)