Seite:OALudwigsburg0339.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

übrigens im Laufe der Zeit so verdorben, daß sich nur noch die spitzbogigen Eingänge unversehrt erhalten haben, während aus den Spitzbogenfenstern nicht nur die Maßwerke ausgeschlagen, sondern auch einzelne in Thüren und gradlinige, oblonge Fenster umgewandelt wurden. Der an der Ostseite stehende, viereckige, nicht hohe Thurm, dessen unteres, mit einem Kreuzgewölbe versehenes Stockwerk die Stelle des Chors vertritt, ist monströs und das Mißverhältniß seines Umfangs mit der Höhe läßt vermuthen, daß er ursprünglich bedeutend höher gewesen. An der Ostseite des Thurmes befindet sich ein gut erhaltenes Spitzbogenfenster, dessen Maßwerk der früh germanischen Periode angehört; außer diesem enthält er Schießscharten und trägt überhaupt den Stempel eines ehemaligen Vertheidigungsthurmes. Dem Thurme ist ein seltsames, spitzes Dach aufgesetzt, das mit der Kirche nicht harmonirt. Die beiden Glocken sind aus dem gegenwärtigen Jahrhundert. Das unansehnliche Innere der Kirche ist flach gedeckt, durchaus weiß getüncht und enthält ein altdeutsches Gemälde, welches über dem spitzen Triumphbogen hängt; dasselbe ist auf verzierten Goldgrund gut gemalt und stellt den Gekreuzigten, mit Maria und Joseph zu beiden Seiten, vor. Die Unterhaltung der Kirche liegt der Gemeinde- und Stiftungspflege gemeinschaftlich ob.

Ein neuer Begräbnißplatz wurde im Jahr 1832 an der Straße nach Zazenhausen angelegt, während man den vorherigen am südlichen Ende des Orts, an der Straße nach Stuttgart gelegenen abgehen ließ.

Das angenehm und frei gelegene Pfarrhaus, welches die K. Hofdomänenkammer zu unterhalten hat, ist zwar alt, übrigens in gutem baulichen Zustande und bildet mit seinem Nebengebäude und Garten einen freundlichen Pfarrsitz.

Von den beiden wohlerhaltenen Schulhäusern ist das eine im Jahr 1836 wesentlich verbessert worden und enthält neben den Wohngelassen des Schulmeisters 3 Schulzimmer, die etwa 100 Kinder aufnehmen können; das andere, welches früher als Rathhaus diente, enthält im unteren Stockwerk die Ortsgefängnisse und Raum für die Feuerspritzen, im oberen ein großes Lehrzimmer für etwa 80 Kinder und die Wohnung eines Unterlehrers. An den Schulen unterrichten ein Schulmeister, 2 Unterlehrer und ein Lehrgehilfe. Neben der Industrieschule ist neuerlich auch eine Kleinkinderschule errichtet worden.

An der Hauptstraße steht das ansehnliche Rathhaus mit Thürmchen und Glocke auf dem First, welches die Gemeinde im Jahr 1846

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg. Karl Aue, Stuttgart 1859, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALudwigsburg0339.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)