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Hayingen eine Zeitlang getheilt gewesen seyn; denn nach einer Urkunde in dem Stadtlagerbuch verkauften Berthold von Valkenstein und seine Frau Ursel von Lüpfel i. J. 1412 ihren Antheil an Hayingen und an dem großen und kleinen Zehenten an Heinrich von Zimmern um 1000 Pf. Hl.

Noch verdient hier die Sage angeführt zu werden, daß in Hayingen ein Westphälisches Gericht, Vehmgericht seinen Sitz gehabt habe, und es ist schon bey der Beschreibung des Gerberlochs S. 36. die Vermuthung geäußert worden, daß dort ein geheimer Sitz gewesen seyn könnte. In dem Uracher Stadtarchiv, waren bisher zwey, nun dem Staatsarchiv übergebene, Urkunden aufbewahrt, welche diese Sage zu bestätigen scheinen.[1]


  1. Die eine davon, vom Dienstag nach St. Jakobstag 1458, enthält den Spruch, oder vielmehr die Weigerung, vor Unwissenden zu sprechen, eines Compromißgerichts von 4 Freyschöffen in einer Streitsache zwischen einem Villinger Bürger und Bürgermeister und Richtern auch Klausen Keller zu Urach; zugleich den Urtels-Brief (vom Dienstag nach St. Jakobstag 1458) von dem Westphälischen Gericht zum Hamme und Chamen (Hamm und Camen), wodurch die Sache vertagt und vorläufig auf obige „vier echt recht Freyschöffen des heiligen heimlichen Gerichts“ mit der Bestimmung nach Rotweil verwiesen wird, daß sie nöthigen Falls einen Rathsherrn von Rotweil als Obmann zuziehen sollten. Die andere Urkunde ist vom Geschwornen Gericht zu Tuwingen (Tübingen) vom Dienstag nach St. Mathäustag 1458, und enthält die Beglaubigung eines auch in der Würt. Geschichte bekannten Färbers und Freyschöffen von Eßlingen zu weiterer Verhandlung der Sache vor dem stillen Gericht. Die Westphälische Urkunde fängt also an: zu wissen so, als der erbar Conrad Hagke Frygraff des heiligen Richs und der fryen Grafschaft zum Hamme una und Camen für sich an den den fryen stul zu Heyngen geheischen etc., und ist unterzeichnet von dem Freygrafen und Hans Egesheimer, Schultheißen von Villingen. Auch in der Tübinger Urkunde heißt es: in dem Rechtshandel „worin sich die Uracher zu Westphalen vor dem stillen Gericht zu Hoyingen vervangen.“ Es ist nun natürlich, daß man dabey an unser Hayingen denkt, und der Herr Pfarrer Gratianus in Hengen, von dem die angeführten Urkunden aus dem Uracher Archiv hervorgezogen worden sind, hat mit vielem Scharfsinn in einem Schreiben zu beweisen gesucht, daß es kein anderes seyn könne. Allein theils der Inhalt der Urkunden überhaupt, theils insbesondere der Umstand, daß es in der Tübinger Urkunde heißt: vor dem stillen Gericht zu Hoyingen by Unna und Chamen (was H. Gratianus so deutet: zu Hoyingen; bey Unna und Chamen und vor allen Gerichten) weisen auf einen gleichnamigen Ort in Westphalen hin, und wirklich liegt auch in dem Preußischen Regierungsbezirk Arensberg, worin auch Unna und Camen liegen, ein Dorf und Schloß Hainchen vermuthlich derselbe Ort, der auch in einer Urkunde des Grafen, Eberhards von der Mark v. J. 1291 (Kindlinger Münster. Beytr. III. B. Nr. 94) vorkommt, worin es heißt: coram sede judiciali liberi comitatus nostri loco, qui dicitur Hoginche praesentibus vemenotis. Übrigens ist es bekannt, daß die Frevgrafen auch in fremden Gebieten ihre Stühle hatten, und es konnten also immerhin auch in unserem Hayingen Vehmgerichte gehalten worden und dieselbe auf die Gerichtsbarkeit der alten Mark Hayingen gebaut gewesen seyn.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Münsingen. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1825, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAM%C3%BCnsingen169.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)