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Der etwa 350 Morgen einnehmende Weinbau wird meist an südlichen, theilweise auch an östlichen Abhängen mit großem Fleiß getrieben; es finden sich überdieß auch noch ebene Lagen, deren für den Weinbau vorzüglich, für andere Kulturen aber minder gut sich eignender Boden den Anbau der Rebe immer noch erhält, übrigens sind seit etwa 100 Jahren gegen 150 Morgen Weinberge ausgereutet worden und haben anderen Anpflanzungen, namentlich der Obstzucht Platz gemacht. Die Bauweise ist die in der Umgegend übliche; man bezieht die Reben den Winter über und pflanzt etwa 2100–2400 Stöcke auf einen Morgen, wobei man vorzugsweise auf Silvaner, Elblinge und Drollinger Rücksicht nimmt, während Gutedel, Traminer, Klevner und Veltliner weniger gepflanzt werden. Die früher häufigeren Tokayer (Putzscheeren) haben sich beinahe verloren, dagegen schleicht sich aus der Gegend von Heilbronn die Müllertraube unter dem Namen „schwarzer Rißling“ ein. Pflanzungen von unvermischt edlen Sorten gehören zu den Ausnahmen. Der erzeugte Wein, von Farbe meist ein sog. Schiller, ist im allgemeinen gut und lagerhaft; in einzelnen Lagen aber wird er in Verbindung mit einer angemessenen Behandlung vorzüglich erzeugt. Die besten Lagen sind Hansen, Neckarhalden, Mäurach und Bachmühlberge. Der mittlere Ertrag eines Morgens in den bergigen Lagen ist 4 Eimer; ergiebiger sind die mehr ebenen Lagen „Mäurach und Reut“, die einen für den Weinbau sehr günstigen Boden (unterer Keupermergel) haben und schon in manchen Jahren 8 Eimer auf dem Morgen ertrugen. Die Preise eines Eimers waren in den Jahren: 1857 37–48 fl., 1858 25–34 fl., 1859 40–48 fl., 1860 12–22 fl., 1861 53–66 fl., 1862 43–50 fl., 1863 38–47 fl., 1864 28–33 fl., 1865 68–80 fl. Die Preise eines Morgens Weinberg bewegen sich von 100–1000 fl. Der Absatz der Weine geht hauptsächlich in den Schwarzwald, in die Oberamtsbezirke Aalen, Gmünd etc.

Die Obstzucht findet in möglichster Ausdehnung statt; außer den vielen um die Stadt gelegenen Obstgärten sind nicht allein alle Verbindungsstraßen und Wege, sowie die Allmandplätze mit Obstbäumen bepflanzt, sondern auch die ausgereuteten Weinberge und manche taugliche Wiesengründe der Obstzucht zugewendet. Es werden nicht blos alle gewöhnlichen Kern- und Steinobstsorten, sondern auch durch einige Obstfreunde viel edles Obst gepflanzt. Das Obsterzeugniß wird meist im Ort verwendet und nur ein kleiner Theil desselben kommt zum Verkauf. Die Jungstämme werden größtentheils selbst nachgezogen, theilweise auch aus dem Remsthal erkauft.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0130.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)