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Im Jahr 1856 wurde ein Verein von kleineren Weinbergbesitzern gebildet, in der Absicht, für ihre Erzeugnisse einen verhältnißmäßig ebenso großen Erlös zu erzielen, wie die reicheren Weinbergbesitzer. Die Theilnehmer des Vereins verpflichten sich die Trauben sorgfältig zu lesen und zu raspeln, was unter besondere Aufsicht gestellt ist; das Erzeugniß wird alsdann zusammengelegt und in größeren Quantitäten verkauft, wodurch höhere Erlöse erzielt werden.

Von nicht besonderer Ausdehnung ist die Obstzucht, welche sich meist mit Mostsorten beschäftigt und deren Ertrag im Ort selbst verbraucht wird. Die Jungstämme werden größtentheils von den Einwohnern selbst nachgezogen. In den fünfziger Jahren ließ die Stadt ein etwa 7 Morgen großes Baumgut anlegen, das der Gemeindekasse jetzt schon einen jährlichen Pacht von 50 fl. einträgt.

Einen großen Reichthum besitzt die Gemeinde in ihren 2288 Morgen großen, sehr gut bestandenen Waldungen, von denen der auf der eigentlichen Markung gelegene sog. kleine Wald 738 Morgen, der sog. große Wald, welcher abgesondert von der Markung von den Höhen bei Gronau bis gegen Prevorst sich hinzieht, 1550 Morgen hält. Der jährliche Ertrag der Waldungen besteht in 450 Klaftern und 36.000 St. Wellen; hievon erhält jeder Bürger 1 Klafter und 100 St. Wellen und überdieß fließen noch 4–6000 fl. als Erlös aus dem verkauften Holz in die Gemeindekasse, welche zu Gemeindezwecken und besonders zur Deckung des 1000–1500 fl. betragenden Gemeindeschadens verwendet werden.

Eigentliche Weiden oder Allmanden sind 25 Morgen vorhanden, die nebst der Brach- und Stoppelweide an einen Schäfereibeständer den Winter über um 330 fl. verpachtet sind; überdieß trägt die Pferchnutzung etwa 300 fl. der Gemeindekasse ein.

Der Pachtschäfer hält 300 Stück deutsche und Bastardschafe und setzt die Wolle auf inländischen Märkten ab.

Die Pferdezucht, wie auch die Pferdehaltung ist unbedeutend und die Rindviehzucht wegen Mangels an Futter und wegen des ausgedehnten Weinbaus nicht so namhaft wie in den meisten Orten des Bezirks; man hält einen gewöhnlichen Neckarschlag, zu dessen Nachzucht 3 Farren aufgestellt und einem Ortsbürger in Pacht gegeben sind. Seit dem Jahr 1855 besteht eine Vieh-, Leih- und Sparkasse um ärmeren Bürgern durch Zutheilung von Vieh, dessen Kapitalwerth von ihnen zu verzinsen und durch Abschlagszahlungen abzutragen ist, einen eigenen Viehstand zu ermöglichen. Handel mit Vieh wird nicht getrieben.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0163.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)