Seite:OAMarbach0215.jpg

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des Orts und überdieß ist eine Wette vorhanden. Die Murr durchfließt auf eine namhafte Strecke die Markung.

Die Einwohner sind im allgemeinen gesunde, kräftige Leute, die nicht selten ein hohes Alter erreichen; gegenwärtig sind mehrere Personen von 80–83 Jahren im Ort. Neben einfacher Lebensweise findet man hier sehr große Arbeitsamkeit und Sparsamkeit. Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau, Obstzucht, Weinbau und Viehzucht, während von den Gewerben nur die nöthigsten, und zwar neben der Landwirthschaft, getrieben werden; die Weberei ist am stärksten vertreten. Die Vermögensumstände gehören zu den ziemlich guten und ein guter Mittelstand ist der vorherrschende. Die vermöglichsten Bürger besitzen in Kirchberg 40 Morgen, in Zwingelhausen 80–85 Morgen, in Frühmeßhof 100 Morgen, in Neuhof 80–84 Morgen und in Wüstenbach 46–60 Morgen; der Mittelstand hat einen Grundbesitz von 16–20 Morgen und die minder bemittelte Klasse von 1–4 Morgen. Gemeindeunterstützung erhalten gegenwärtig 5 Personen.

Die ausgedehnte Markung hat, mit Ausnahme der Gehänge gegen das Murrthal und einiger Seitenthälchen desselben, eine flachwellige Lage und im allgemeinen einen sehr fruchtbaren Boden, der auf der Hochebene aus einem tiefgründigen Diluviallehm, an den Abhängen aber aus den Zersetzungen der Lettenkohlengruppe und des Hauptmuschelkalks besteht, welch’ letztere den Weinbau sehr begünstigen. In der Murrthalebene haben sich dem Wiesenbau zuträgliche Alluvionen abgelagert.

Die klimatischen Verhältnisse sind günstig und erlauben den Anbau aller in Württemberg eingeführten Kulturgewächse; kalte Nebel und Frühlingsfröste schaden zuweilen den feineren Frühgewächsen, dagegen ist Hagelschlag seit mehr als 30 Jahren nur einmal vorgekommen.

Die Landwirthschaft wird sehr gut betrieben und zur Besserung des Bodens kommen außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln und der in zweckmäßig angelegten Düngerstätten fleißig gesammelten Jauche, Gips, Kompost und etwas Guano in Anwendung.

Der Ackerbau wird im Dreifeldersystem mit beinahe ganz angeblümter Brache und unter Anwendung des Wendepflugs, der wegen des tiefgründigen Bodens hier als zweckmäßig erkannt wird, betrieben; man baut die gewöhnlichen Getreidearten, Hirse, Kartoffeln, Futterkräuter, besonders dreiblättrigen Klee und Luzerne, Angersen, Zuckerrüben, Ackerbohnen, Reps, Mohn, wenig Flachs und ziemlich viel

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0215.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)