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Pleidelsheim,
mit Mühle und Schleußenwärterhaus,
Gemeinde II. Kl., mit 1284 Einw., wor. 1 Kath. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Ludwigsburg eingepfarrt.

Das marktberechtigte Pfarrdorf Pleidelsheim liegt 5/4 Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt in einem sehr fruchtbaren Flachlande, das sich sanft gegen den nur etwa 6 Minuten von dem Ort vorbei fließenden, auf eine größere Strecke die westliche Markungsgrenze bildenden Neckar hinneigt. Jenseits des Flusses und der hier ziemlich erbreiterten, wiesenreichen Thalebene liegen auf steilem, rebenbekränztem Thalabhange das ansehnliche Groß-Ingersheim und weiter thalabwärts Klein-Ingersheim. Beide Orte sehen freundlich herüber und tragen zur Schönheit der Umgegend von Pleidelsheim wesentlich bei. Der sehr ansehnliche Ort selbst ist regelmäßig angelegt, mit breiten, wohl unterhaltenen Straßen versehen und gehört mit seinen zum Theil stattlichen, nicht zu gedrängt stehenden Gebäuden zu den schönsten Orten des Oberamtsbezirks.

Die im westlichen Theil des Orts gelegene, dem h. Moritz geweihte Pfarrkirche, welche die Stiftungspflege zu unterhalten hat, ist ursprünglich im gothischen Styl erbaut, im Laufe der Zeit aber geschmacklos verändert worden, indem nicht nur die Maßwerke aus den spitzen Bogentheilen der Fenster herausgenommen, sondern auch einzelne geradlinige Fenster eingebrochen wurden. Über dem spitzen Eingang an der Nordseite des Langhauses zeigt eine Inschrift, daß die Kirche unter Herzog Ludwig 1586 erweitert wurde. Die gleiche Jahrszahl steht auch über dem Eingang an der Südseite, an dem sich eine mit einem Rautengewölbe gedeckte Vorhalle befindet. Daß die ursprüngliche Kirche viel älter ist, beweist der monströse, viereckige, nicht hohe Thurm, dessen Mauern 5′ dick aus ganz kleinen Steinen mit starkem Mörtelverband ausgeführt sind; das untere Gelaß desselben vertritt den Chor, der mit einem schönen, alten Kreuzgewölbe gedeckt ist und noch an den frühgothischen Styl erinnert. An der südlichen Außenseite der Kirche stehen 2 Grabdenkmale, eines Herrn von Egelsheim und dessen Frau von den Jahren 1591 und 1595. Von den Glocken ist die größte von Neubert in Ludwigsburg 1807 gegossen worden, die mittlere trägt als Umschrift die 4 Evangelistennamen in alten Minuskeln, die kleinste ist aus neuerer Zeit und ihre Inschrift kann wegen Unzugänglichkeit nicht gelesen werden. Das weiß getünchte, mit einer getäfelten, flachen Decke

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0277.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)