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des Orts und setzt bei seiner Einmündung in den Neckar die Pleidelsheimer Mühle mit 2 Mahlgängen, einem Gerbgang und einem Hirsegang in Bewegung, welche jedoch wegen ihrer geringen Wasserkraft nur einen kleineren Theil der örtlichen Bedürfnisse zu befriedigen im Stande ist. Der Neckar überschwemmt wegen seinen flachen Ufer nicht selten die ihm nahe gelegenen Felder; bei sehr hohen Wasserständen erreicht der Fluß sogar die tiefer stehenden Häuser des Orts.

Die Einwohner sind im allgemeinen fleißig, betriebsam, in der Lebensweise einfach und haben sich zum größten Theil die alte ländliche Tracht des eigentlichen Bauernstandes noch erhalten; ihre Haupterwerbszweige bestehen in Feldbau, Viehzucht und etwas Weinbau.

Die Vermögensverhältnisse sind gut zu nennen, indem ein vermöglicher Mittelstand vorherrscht und neben einzelnen reichen Bauern verhältnißmäßig nur wenige Unbemittelte vorhanden sind. Der wohlhabendste Bürger hat einen Grundbesitz von 85 Morgen, mit 40 bis 60 Morgen sind mehrere im Ort, der sog. Mittelmann besitzt 10–20 Morgen, die unbemittelte Klasse 2–3 Morgen und einzelne haben gar keinen Grundbesitz. Unterstützung von Seiten der Gemeinde erhalten gegenwärtig etwa 12 Personen.

Allhier ist am 11. März 1772 geboren Joh. Christian Pfister, in den württembergischen Seminarien gebildet, 1806 Diakonus in Vaihingen, 1813 Pfarrer in Untertürkheim, 1832 Prälat und Generalsuperintendent zu Tübingen, gest. in Stuttgart den 30. Okt. 1835. Berühmt durch seine Werke im Fache der deutschen, schwäbischen und württembergischen Geschichte. (Würt. Jahrb. 1835. 188–209).

Von den Gewerben werden die gewöhnlichen Handwerke mit gutem Erfolg getrieben, überdieß sind zwei Spezerei- und Ellenwarenhandlungen, welche zugleich Handel mit Eisenwaren betreiben, 4 Schildwirthschaften und 6 Käsereien vorhanden; die Käse werden durch Händler aus dem Ort und einen Kaufmann, der die Käsefabrikation in größerem Umfange betreibt, in verschiedene Theile des Landes verkauft.

Der Ort hat das Recht, den 5. April und den 31. August einen Vieh- und Krämermarkt und je des Tags zuvor einen Holzmarkt abzuhalten; die ersteren sind nicht unbedeutend, während auf den Holzmärkten weniger Handel und Verkehr stattfindet.

Der Zustand der Landwirthschaft ist im allgemeinen ein sehr guter und hat sich um diese der verstorbene Ortsvorstand und Landtagsabgeordnete Nefflen wesentliche Verdienste erworben (s. hierüber das landwirthschaftliche Korrespondenzblatt, 4ter Band, Oktober 1823.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0279.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)