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dagegen einem für Naturschönheiten offenen, noch nicht verwöhnten Auge dennoch viele landschaftlichen Reize bietet.

Machen wir einen Gang durch den Bezirk und beginnen am südlichen Ende desselben bei Wurmberg; hier treffen wir ein etwas eintöniges, hügeliges Ackerland am Saume des tannenreichen Hagenschießes, gehen wir aber weiter in der Richtung gegen Norden, so empfangen uns bald üppige tiefschattige Laubwaldungen und aus diesen hinaustretend liegt das ansehnliche Wiernsheim mitten in fruchtbarem Ackerland vor uns, auf dem sich auch die freundlichen, reinlichen Waldenserorte Pinache und Serres angesiedelt haben. Immer noch hat die Gegend etwas eintöniges, dagegen gestatten einige Punkte schöne Aussichten, die sogar bis in das Rheinthal reichen; wie das Schänzle bei Wurmberg, die Anhöhe zwischen Wiernsheim und Mönsheim und der Kaltenberg bei Pinache; sie ersetzen hier reichlich was der nächsten Umgegend an landschaftlichen Schönheiten abgeht.

Sind wir von Pinache den waldigen Abhang hinunter gewandelt, so überrascht uns ein Blick in das herrliche Enzthal, durch dessen Wiesengrün der klare, rüstige Gebirgsfluß in graziösen Bögen dahinrauscht. Wie schön erscheinen hier die nahe beisammen liegenden ansehnlichen Orte Dürrmenz und Mühlacker, auf die von felsiger Thalwand die großartige Ruine Löffelstelz mit ihren hohlen Fensteröffnungen ernst herunterschaut. Thalabwärts liegt hart am Flusse das freundliche Lomersheim, in dessen Rücken oben am Thalrand der muthwillig gesprengte Burgthurm mit halbgebrochenem Leibe am Boden liegt und den Vandalismus vergangener Zeiten der Nachwelt verkündigt. Thalaufwärts wird das malerische Enzberg sichtbar und hinter ihm erhebt sich der steile Schloßberg, den einst die Burg der Herren von Enzberg krönte. Richten wir den Blick über das schöne Enzthal hinweg, so erscheint im Hintergrunde der kräftige, vielgegliederte Stromberg, mit seinen Vorbergen und Ausläufern einen herrlichen Schluß der Landschaft bildend.

Überschreiten wir das Enzthal und nehmen unsern Weg gegen Ötisheim; eine eigenthümliche Stille ruht auf dieser flachhügeligen, meist für den Feldbau benützten Gegend, aus der sich auf der äußersten Spitze eines langgestreckten Hügelrückens das enge gebaute, von einem Wassergraben umgebene Ötisheim festungsartig erhebt. Auch diese etwas eintönige Partie unseres Bezirks hat wieder ihre schönen Aussichtspunkte, wie auf den Weinberghalden Scheerkessel und Eckhalden, noch schöner und ausgedehnter auf dem Eichelberg bei Ölbronn und am schönsten auf der Anhöhe zwischen Ötisheim und Enzberg, wo sich dem Auge eine Fernsicht über den Schwarzwald und Hagenschieß hinweg an die blauen Vogesen und rückwärts an den waldreichen Stromberg eröffnet.

Von Ötisheim nordwärts wandernd nimmt uns bald üppiger tiefschattiger

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0019.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2021)