Seite:OAMaulbronn0134.jpg

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dieselben Glieder und in derselben Ordnung, aber gleichsam wie gepreßt und aus dehnbarem Stoffe, so daß die Plättchen dünn werden, die Kehlen tief sich einziehen, die großen Rundstäbe birnförmig scharf herausquellen.

Die bauliche Ausführung dieser Vorhalle ist bewunderungswürdig genau, das gelbliche Sandsteinquaderwerk fein zusammengefügt, aller Zierrat so sauber als prächtig geschafft und besonders die Gliederungen sind von einer Durchbildung, einer vollendeten Kraft, die Verhältnisse von einer lichten Weite, daß man dieses Bauwerk das reinste und schönste des ganzen Klosters und damit eines der besten überhaupt nennen muß. Traulich steht es bei den alten Linden und die harmonisch ergreifende Stimmung seiner Halle steigert sich noch durch die grüngoldige Dämmerung, die von den nahen Zweigen der Lindenbäume darin verstreut wird. Auf dem Boden liegen viele Grabplatten (s. unten).

Betrachten wir die Kirche selbst; zuerst von außen. Ihre Schauseite zeigt, wie schon gesagt, drei Rundbogenportale; das mittlere, das Hauptportal, außen 19′ breit und 24′ hoch, im Lichten 6,8′ breit, 16′ hoch, stuft sich vielfach gegliedert zweimal tief und bedeutend ein, ist von Lisenen und breiten Wulsten mächtig umrahmt und in den Ecken der Einstufungen mit starken Dreiviertelssäulen besetzt; diese haben schwere kämpferartige blätterlose Kapitelle und steile attische Basen mit Eckknollen. Das halbrunde Bogenfeld wird durch eine Steinplatte ausgefüllt, auf der ein sehr vergangenes Freskobild vom Jahre 1424 zu schauen ist, darstellend die Widmung des Gotteshauses an Maria, dabei stand folgende Inschrift:

Anno domini M. centesimo trigesimo octavo nono Kald. Aprilis Mulibrunnum per Guntherum Spirensem construit
     Fridericus Caesar. Waltherus.     

Auch die halbrunden Bogenleibungen des Portals sind bemalt, und zwar mit Blumen und Blättern, gleichwie das Innere der Kirche, das auch im J. 1424 ausgemalt wurde. Die Thüre selbst ist mit Leder überzogen und über und über mit schönen romanischen Schmiedeisenbeschlägen und Knöpfen bedeckt, eines der merkwürdigsten Beispiele dieser Art. Die Nebenportale, 11′ breit, 14′ hoch, stufen sich nur einmal ein, sind schlicht und ohne Säulen und werden wie das Hauptportal von jenem breiten Wulst umfaßt, der den bedeutendsten Theil des Sockels der Klosterfassade bildet, um alle Eingänge sich zieht und, wie schon oben bemerkt, die Fassade ihrer ganzen Länge nach durch ein großartiges rechteckiges Rahmenwerk gliedert. Dieses geht an der Fassade der Kirche bis zur Höhe der Seitenschiff-Traufe, und muß einst samt den Portalen, ähnlich wie an der Fassade der Alpirsbacher Basilika (eingeweiht 1098), von höchst feierlicher Wirkung

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0134.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)