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Hälfte des Durchmessers der Kapelle (21′), und dieser die Hälfte der Breite des Sommerrefektoriums. Die auf diese Schale gehörige kleinere, samt dem auch spätromanischen, bleiernen rundbauartigen Aufsatze befindet sich jetzt auf dem nördlich vor dem Herrenhause stehenden Brunnen (s. u. S. 170). Außen zeigt die Kapelle feine, mit spitziger Stirn vorspringende Strebepfeiler; der nun auf ihr lastende hölzerne Aufbau wurde von dem berühmten Baumeister Schickard erbaut und dient jetzt zu einem Lehrsaal.

Am zusammengesetztesten und unordentlichsten erscheint der gleichzeitig mit dem Kapitelsaal und zwar auch kurz nach 1300 begonnene Ostflügel des Kreuzganges, der neun Gewölbejoche von verschiedener Größe hat; seine zwei südlichsten gehören noch, wie schon bemerkt, zu jenem prächtigen Bau im Übergangsstil, dann folgen zwei lange Gewölbejoche und dann vier auffallend schmale, die sich an das quadratische mit dem Nordflügel gemeinschaftliche anschließen. Die Fenster, meist viertheilig, haben regelrecht gebildete gothische Maßwerke auf Pfosten ohne Rundstäbe, am vierten Feld (von Norden gerechnet) führt die einzige Pforte in den Kreuzgarten, ein großes Kleeblatt belebt ihren schlanken Spitzbogen; die Strebepfeiler sind, wie alle übrigen, schlicht.

Die Rippen der Kreuzgewölbe ruhen auf starken Rundsäulen, die Kapitelle der an der inneren Wand stehenden sind alle mit Blattwerk umflochten, die an der Fensterwand haben Konsölchen, ähnlich denen im Kapitelsaal. Nahe der Nordostecke steht eine von acht Diensten umstellte, die Gewölberippen tragende Säule ganz frei vor einem Fenster. Aus den meist mit schönen Kränzen geschmückten Schlußsteinen ist der am Kapitelsaal hervorzuheben, auf dem der alterthümlich strenge, thronende Christus mit dem Evangelium-Buch und segnend erhobener Rechten ausgemeißelt ist. Die innere Wand dieses Flügels wird gar schön belebt: erstens greifen im südöstlichen Theil zwei Joche des reichen Übergangsbaues herein, und umschließen eine zierlich ausgezackte gothische Pforte, dann öffnet sich die Wand mit herrlichen Säulenfenstern und weitem Doppelportal in den prächtigen Kapitelsaal hinein, (S. Holzschn. nächste Seite), weiterhin wieder eine schöne Pforte, in der Nordostecke selbst jene malerische reichgeländerte steinerne Treppe und drei brillante Fensterrosen an den Mauern umher vertheilt. – Sämtliche Fenster des Kreuzganges, ausgenommen die gegen Osten schauenden, haben Fälze für Glasscheiben. Die zum Theil noch erhaltene Bemalung der Gewölbe rührt auch aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts.

Über den Hallen des Kapitelsaals und des östlichen Kreuzgangflügels läuft ein zweites Geschoß hin, es zieht sich weiter über das gegen Norden weit vortretende Kellergebäude (95′ lang, 40′ breit) und bildete einst in einer Länge von 210′ die eigentliche Wohnung der

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0149.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)