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Die Landwirthschaft wird gut, jedoch nicht so ausgedehnt, wie in anderen Orten getrieben. Der Brabanter und der Suppinger Pflug ist allgemein eingeführt und weitere verbesserte Ackergeräthe, wie die eiserne Egge, die Walze und die Repssäemaschine sind bei den größeren Güterbesitzern im Gebrauch.

Zum Anbau kommen die gewöhnlichen Cerealien und von diesen vorzugsweise Dinkel, ferner Kartoffeln, Futterkräuter, Kraut, Angersen, Zuckerrüben, Hanf und Reps; letzterer namentlich in großer Ausdehnung auf dem Eilfinger Hof. Von den Felderzeugnissen können mit Ausnahme der größeren Hofgüter nur etwa 200 Scheffel Haber und etwas Reps nach außen verkauft werden; dagegen wird ziemlich viel Mehl eingeführt.

Der Wiesenbau ist im Verhältniß der Gesamtmorgenzahl des angebauten Landes ausgedehnt und liefert mit Ausnahme einiger saurer Wiesen ein gutes Futter, von dem sehr viel, namentlich in das Badische, abgesetzt wird. Neben dem Gemüsebau für den eigenen Bedarf sind mehrere hübsche Gartenanlagen vorhanden, unter denen der Ephoratsgarten die erste Stelle einnimmt.

Der Weinbau spielt eine hervorragende Rolle und liefert in den besten Lagen (Eilfinger Berg) einen Wein, der zu den vorzüglichsten des Landes gezählt wird; man pflanzt unter Anwendung des Bogenschnitts hauptsächlich Drollinger, Rißlinge, Portugieser und weiße Burgunder, diese hauptsächlich in dem Eilfinger Berg, in den übrigen Weinhalden auch noch Elblinge, Sylvaner etc. und erzielt einen feurigen, lagerhaften Wein, der in den letzten 10 Jahren seinen höchsten Preis, im Jahr 1865 mit 150 fl. (Eilfinger) pr. Eimer erreichte, der geringste Preis war 1867 mit 40 fl. der Eimer. Auf den Morgen kommen 3200 Stöcke zu stehen. Bischof Günther von Speyer verschaffte dem Kloster Maulbronn ums Jahr 1153 den Eilfinger Hof; dahin setzten die Mönche alsbald mehrere Laienbrüder, welche sofort den Eilfinger Weinberg mit tüchtigem Terrassenbau anlegten. Nach der Sage soll der hier erzeugte Wein den Mönchen so gut gemundet haben, daß sie bei der ersten Probe ausriefen: „Nach diesem Wein soll man nicht blos 10, sondern 11 Finger lecken“, daher der Namen Eilfinger Weinberg. Abgesehen von dieser mährchenhaften Sage war der Eilfinger Wein seit vielen Jahrhunderten ein Labetrunk nicht nur der Mönche, Äbte und Prälaten des Klosters, sondern auch eine Zierde der fürstlichen Tafeln, wie denn Herzog Ulrich von Württemberg den 20. Februar 1542 einige seiner Räthe an den König Ferdinand nach Hagenau mit einem Wagen Eilfinger Wein abordnete, um diesen zu bewegen, daß er den mit Klosterschätzen entwichenen Abt Johann IX. veranlassen möchte, mit den Schätzen wieder zurückzukehren. Der König ließ sich den Wein gut schmecken und versprach seinen Mundschenken bald nach Stuttgart zu

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0172.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)