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pursch beeder Fleckhen Ober- und Unterderdingen Jahrs am Tag Liechtmeß, ußer beeden Mühlenen, uff denen darzu gezierten Stangen zu Pferd abgeholt, in den Amthof geführt, und daselbst nebst dem herkommentlich erlaubten Trunkh Wein, nach eines Amtmanns Verordnung, unter die Hofbediente ausgetheilt etc.

Obere Mühle. Bl. 1110. Mühlkuchen uff Liechtmeß, die meynung darmit habend, als nächst hieoben bei der Untern Mühl angezaigt worden.

Die sehr ausgedehnte Gemeindemarkung ist ziemlich uneben, im östlichen und südlichen Theil, der jedoch meist für den Wald- und Weinbau benützt wird, sogar bergig. Der im allgemeinen fruchtbare Boden besteht theils aus Lehm, theils aus sog. Schlaisboden (eine Zersetzung des Lettenkohlensandsteins); der für den Wald- und Weinbau benützte Theil hat an den Gehängen und Bergausläufern Keupermergel und auf den Höhen kommen die Zersetzungen des Keuperwerksteins vor. Außer Gips-, Lehm- und Töpferthongruben bestehen zwei Keuperwerksteinbrüche, aus denen gute Werk- und Bausteine gewonnen und häufig auch ins Badische abgesetzt werden.

Das Klima ist mild und gestattet den Anbau aller in Württemberg vorkommenden feineren Gewächse; Hagelschlag kommt selten vor.

Mit vielem Fleiß und mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe (Brabanter- und Suppinger Pflüge, eiserner Eggen, Walzen, Repssäemaschinen) wird die Landwirthschaft betrieben und dem Boden, außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln, auch mit künstlichen nachgeholfen. Zum Anbau kommen Dinkel, Roggen, Haber, Gerste, ausnahmsweise Weizen und von Brach- und Handelsgewächsen Kartoffeln, Angersen, viele Futterkräuter (dreiblättriger Klee, Luzerne, Esparsette, Wicken), Erbsen, Linsen, Bohnen, Ackerbohnen, Welschkorn, Mohn, Reps, Zuckerrüben, Cichorie, Hanf etc. Von den Felderzeugnissen können über den eigenen Bedarf jährlich etwa 1600 Scheffel Dinkel, 50 Scheffel Gerste, 1400 Scheffel Haber und ziemlich viel Brach- und Handelsgewächse nach außen abgesetzt werden.

Der im Verhältniß zum Ackerbau nicht ausgedehnte Wiesenbau liefert überdies keinen reichlichen Ertrag und nur mittelgutes, theilweise saures Futter, daher um den nöthigen Viehstand zu unterhalten auf den Anbau von Futterkräutern und andern Futtersurrogaten sehr Bedacht genommen wird.

Nicht sehr ausgedehnt ist auch der Weinbau, der jedoch einen guten Wein (vorherrschend roth und sog. Schiller) liefert, dessen höchste Preise sich in den Jahren 1857–1867 von 55–75 fl., die niedersten von 28–60 fl. per Eimer bewegten. Auf den Morgen pflanzt man 2700 Stöcke, die nur in den Weinbergen bei Unter-Derdingen bezogen werden. Der Wein findet seinen Absatz in der Umgegend, namentlich auch in dem benachbarten Baden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0196.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)