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Bestellung. Auch findet hier ein beträchtlicher Handel mit Blutegeln statt; dieselben werden aus Frankreich bezogen und bei 20.000 Stück jährlich verkauft. Eine Ziegelei, eine Mahlmühle mit 2 Mahlgängen, einem Gerbgang und einer Hanfreibe, ferner eine Öl- und eine Gips-Mühle, 7 Schildwirthschaften, worunter eine mit Bierbrauerei, zwei Kaufläden und ein Kramladen sind vorhanden.

Die Märkte, welche der Ort in den Monaten Juni und November abzuhalten berechtigt ist, haben geringe Bedeutung.

Die Vermögensverhältnisse gehören zu den guten; der vermöglichste Bürger besitzt 50 Morgen Äcker, 15 Morgen Wiesen, 4 Morgen Weinberg und einen Morgen Baumgut, der sog. Mittelmann 12 Morgen Äcker, 4 Morgen Wiesen und einen Morgen Weinberg und die ärmere Klasse hat immer noch einige Morgen Grundeigenthum. Gegenwärtig erhalten 6 Personen Gemeindeunterstützung.

Die sehr ausgedehnte Markung, von der übrigens ein namhafter Theil aus Waldungen besteht, bildet, soweit sie für den Feldbau benützt wird, ein flachwelliges fruchtbares Land, dessen Boden größtentheils ein tiefgründiger Lehm ist; im südlichen Theil der Markung machen sich die leichtsandigen Zersetzungen des Lettenkohlensandsteins etwas geltend. Einige Muschelkalksteinbrüche, die Straßenmaterial liefern, sind vorhanden. Die klimatischen Verhältnisse begünstigen den Anbau aller in Württemberg üblichen Kulturgewächse, dagegen gehört Hagelschlag nicht zu den Seltenheiten und Frühlingsfröste schaden zuweilen den feineren Gewächsen.

Die Landwirthschaft wird gut betrieben, man baut hauptsächlich die gewöhnlichen Getreidearten (vorherrschend Dinkel, Haber, Gerste), Kartoffeln, dreiblättrigen Klee, Wicken, in neuerer Zeit Buchweizen und Sorgho (Zucker-Mohrhirse), weil die Luzerne nicht gedeihen will, Runkelrüben, Welschkorn, etwas Reps, mehr Mohn, Hanf und Tabak, letzterer wird jedoch gegenwärtig nur noch auf etwa 2 Morgen gebaut, während sich der Tabaksbau im Jahr 1865 über 30 Morgen ausdehnte. Von den Getreidefrüchten können über den eigenen Bedarf jährlich etwa 2000 Scheffel Dinkel, 900 Scheffel Haber und 50 Scheffel Gerste nach außen abgesetzt werden.

Der ziemlich ausgedehnte Wiesenbau liefert reichlich gutes Futter, das alles im Ort verbraucht wird.

Der Weinbau, von dem etwa 140 Morgen im Ertrag und 100 Morgen nicht im Ertrag stehen, beschäftigt sich vorzugsweise mit Drollingern, Silvanern und Rothelblingen, die ein meist rothes, mittelgutes Erzeugniß liefern, das in der Umgegend und häufig auch im Schwarzwald Absatz findet; die Preise eines Eimers bewegten sich in den letzten 10 Jahren von 30–80 fl. Die Bauart ist die im Unterland allgemein übliche; den Winter über werden die Reben bezogen.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0234.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)