Seite:OAMaulbronn0242.jpg

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oder gar nie fertig geworden; der Triumphbogen ist spitz. Am Altare steht ein fast lebensgroßes Krucifix. Unten am Taufstein liest man: Anna Maria Geringre Hans Jörg Gering. 1703. Auf dem Thurm hängen drei Glocken, eine davon ganz oben und deßhalb unzugänglich; von den übrigen hat die größte die Umschrift: Gegossen von Carl Knittel in Cannstatt 1862 der Stadt Knittlingen. Ehre sei Gott in der Höhe! Auf der andern Glocke steht: Knittlingen. Anno 1700 gossen mich Stephann und Niclaus auch Petter Bernard. Soli Deo Gloria. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde. Der schon sehr lang angelegte Begräbnißplatz liegt nordöstlich vor der Stadt und umschloß früher ein Kirchlein.

Das Dekanathaus (Stadtpfarrhaus) ehemalige Pflege, später Amthaus, ein ansehnliches, zweistockiges Gebäude mit spitzbogigem Eingang, an das die Kelter angebaut ist. Hinter dem Dekanathaus steht der Speicher, das sog. Steinhaus (s. unten), an denselben stößt das Heuhaus, ferner die Zehnt- und Pfarrscheuer; diese sämtlichen Gebäude, die mit Ausnahme des Heuhauses, des Speichers, und der Kelter dem Staat gehören, bildeten den Maulbronner Pfleghof und waren mit einer Mauer umfriedigt.

Das Diakonathaus ward im Jahre 1680 erbaut, diese Zahl steht über der Thüre, ferner befindet sich an seiner Westseite ein Stein mit der Inschrift: A. 1632 ist Knitlingen ganz verbrandt worden. hatte 280 Burger. 1500 Seelen. A. 1662 ists wider halb verbronnen. Die Unterhaltung des gegen vorne zweistockigen, gegen hinten einstockigen Hauses ruht auf dem Staat.

Das schon alte Rathhaus wurde 1840 und 1860 verändert und verbessert; in seinem untern Stock befinden sich die Zimmer für den Ortsvorstand und für den Amtsnotar, im mittleren der Bürgersaal und im oberen Stock das Gerichtszimmer und die Partienstube.

Das 1835 erbaute Schulhaus enthält 4 Lehrzimmer und ein kleines Wohnzimmer für den unständigen Lehrer; außer diesem unterrichten noch 3 Schulmeister, wovon die beiden ersten in einem der Stadt gehörigen Hause wohnen; der dritte Schulmeister wohnt in einem Privathause. Auch eine Realschule befindet sich hier, in einem besonderen städtischen Hause, welches zugleich die Wohnung des Reallehrers enthält.

Das nördlich an der Kirche stehende Fausthaus, Nr. 258, wo der berühmte Doktor Johannes Faust geboren sein soll, zeigt durchaus nichts Merkwürdiges und höchstens der untere steinerne Stock könnte noch aus jener Zeit stammen.

Bemerkenswerther ist die am Nordostende der Stadt stehende alterthümliche Gebäudegruppe, die alte Post genannt. An der Südseite führt eine große, schön verzierte, im Renaissancestil gehaltene Einfahrt herein, und hier sieht man über dem Thorbogen zwei Wappen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0242.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)