Seite:OAMaulbronn0255.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

beim Hereingehen der Name des Baumeisters: Hans Jacob Fechinger und wieder sein Zeichen; dieses findet sich auch außen an der Kirche vielfach als Steinmetzzeichen wiederholt. Eine geschweift-spitzbogige Pforte (sog. Eselsrücken) mit einer prächtig mit Schmideisen beschlagenen Thüre führt südlich vom Chor in die zierlich gewölbte Sakristei. An der Südwand des Schiffes befindet sich auch die schöne, steinerne, gothische Kanzel mit der Jahreszahl 1482, sowie eine alte beschädigte Freske, Maria mit dem Kinde. Die schöngeschnitzten Chorstühle, die sich in der Kirche befanden, wurden im Jahre 1796 von den hier lagernden österreichischen Soldaten verbrannt. Noch immer aber darf die Kirche eine Perle spätgothischer Kunst genannt werden.

Schon in sehr früher Zeit stand hier eine Wallfahrtskirche oder Kapelle und die großen Quadersteine, welche in die Westwand der jetzigen Kirche eingemauert sind, scheinen noch davon herzustammen; sie gehörte dem Bisthum Speier und nachdem das Kirchengut mit dem Staatsgut vereinigt worden, hörten die bedeutenden Gefälle an Speier auf und die Unterhaltung der Kirche fiel der Gemeinde zu.

Das gut erhaltene, zweistockige Pfarrhaus, welches an der Stelle des früheren im Jahr 1692 von den Franzosen eingeäscherten unfern der Kirche steht, hat der Staat zu unterhalten. Außer dem Pfarrhaus wurden auch das Rathhaus und 29 Privatgebäude zu jener Zeit ein Raub der Flammen.

Das ansehnliche Rathhaus ward im Jahr 1822 erbaut. Das 1835 erbaute Schulhaus enthält 2 Lehrzimmer und die Wohnungen des Schulmeisters und des Unterlehrers. Eine Kelter mit 3 Bäumen und einer Trotte besteht.

An einem der größeren Bauernhäuser, die meist starkes, hübschgeschnitztes Balkenwerk zeigen, sind am Eckbalken verschiedene Verzierungen eingeschnitten mit der Inschrift: Veit Pfullinger 1627.

Gutes Trinkwasser liefern hinreichend 17 Pumpbrunnen; der sog. Wetterbrunnen zeichnet sich durch besonders gutes Wasser aus. Im Ort und auf der Markung lassen sich leicht Brunnen graben, während die an die Oberfläche dringenden Quellen selten sind; es bestehen nur zwei, die in der Orts-Wette und die im sog. Pfällengräble außerhalb des Orts. Von Bächen fließen über die Markung die Schmie und der Scherbenthalbach. Ein Hungerbrunnen quillt zuweilen in der Wanne. In einem Seitenthälchen des Scherbenthales, 3/8 Stunden nördlich vom Ort, befinden sich, künstlich angelegt und zum Ablassen eingerichtet, der mittlere und der untere See, jeder etwa zwei Morgen groß. Der frühere Blutegelsee ist ausgetrocknet und sein Grund wird jetzt zum Waldbau benützt; ein anderer See lag früher im Riegenwalde.

Außer der durch den Ort führenden Staatsstraße, der früher so belebten Verkehrsstraße von Stuttgart nach Frankfurt, bestehen

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0255.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)