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Staatseigenthum. Der große-, Heu- und Wein-Zehnte steht dem Staat, der kleine und Obstzehnte der Pfarrei zu.

Der Ort ist ziemlich regelmäßig angelegt und hat wenigstens in der, mitten hindurchführenden breiten Hauptstraße, ein reinliches und gutes Aussehen. Die Pfarrkirche, ein geräumiges und ansehnliches Gebäude, so ziemlich mitten im Dorf, ist ihrer Bauart nach aus dem 15ten Jahrhundert.[1] Der massive hohe Thurm ist durch ein Satteldach verunziert. Der Begräbnißplatz umgibt die Kirche. Zu der Kirchenbaulast concurrirt die Gemeinde bei der Unvermöglichkeit des Heiligen zu 2/3. Das Pfarrhaus ist vor wenigen Jahren erst erbaut und Staatseigenthum, das Schulhaus aber und das Rathhaus sind alt, doch letzteres kürzlich erneuert. An der Schule unterrichten ein Knaben-, ein Mädchenlehrer und ein Lehrgehülfe. Auffallend ist es bei der Lage des Orts im Thal, daß es bisweilen an gutem Trinkwasser mangelt und daß es keine öffentlichen und gar keine laufenden Brunnen gibt, sondern immer eine Anzahl Häuser einen gemeinschaftlichen Zieh- oder Pumpbrunnen unterhält. Eine steinerne Brücke auf der neu angelegten Straße nach Tischardt und Metzingen führt über den Krummbach, der unterhalb der Mühle in die Steinach fällt.

Im Ort oder in der Nähe desselben scheint eine Burg, der Sitz der Spät von Frickenhausen gestanden zu haben, von welcher sich übrigens jede Spur verloren hat. Auch von einem Nonnenkloster in der Nähe will die Sage wissen. Aber mit Unrecht wird die Bruderklause Michelfelden auf diesseitiger Markung gesucht (s. Nürtingen).

Im Jahr 1304 besaß der Eßlinger Hospital allhier Wiesen. Begütert und berechtigt waren die Hörnlingen (1320), die Mörhild (1350 u. f.), die Spät (1386 u. f.), die Schilling (diese waren im Jahr 1359 Pfandbesitzer von Frickenhausen und Linsenhofen gewesen), die Kayb (1468).

Im Jahr 1468 wurde das Gericht von Stuttgart zum Obergericht von Frickenhausen bestellt (Sattler, Grafen 2te Ausg. 4, 93, 251). Das Frickenhauser Erbrecht, im Jahr 1493 niedergeschrieben, gibt Fischer in der Geschichte der deutschen Erbfolge 232.

Die hiesige Kirche wurde im Jahr 1436 von Neuffen getrennt, eine eigene Pfarrei errichtet und ihr der Zehnte in Raidwangen, welchen 1428 Ulrich Schilling besaß, übergeben. (Gabelk. Sattler, Topogr. 190.) In der Pfarrkirche bestand noch 1526 auch eine Frühmesse. Das Patronat stand der Herrschaft zu. Auch war eine

  1. Die Jahreszahl 1581 auf einem Quaderstein der Sakristei deutet gewiß nun auf eine spätere Restauration.
Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_154.png&oldid=- (Version vom 22.6.2019)