Seite:OANürtingen 166.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ausnahme von 281/4 Mrg. Staatswald, zwischen hiesigen und Wolfschluger Privaten getheilt, wovon jene 741/4, diese 82 Mrg. besitzen. Die Rindviehzucht ist ein mit Vortheil und steigender Sorgfalt betriebener Nahrungszweig; es wird viel mit Stieren gehandelt, auch Mastung zu auswärtigem Verkauf betrieben. Unbedeutend ist die Schafzucht; der Pacht der geringen Weide erträgt nur 50 fl. Einige Bürger beschäftigen sich erfolgreich mit Bienenzucht.

Die Bewohner sind ein gesunder, wohlgebauter Schlag Leute, ausgezeichnet durch Fleiß, Wirthschaftlichkeit und stilles, eingezogenes Leben. Sie haben ihr gutes Auskommen und zählen nur sehr wenige eigentlich Arme. Gewerbebetrieb und Nebenbeschäftigungen finden sich nicht, mit Ausnahme des Ausbeutens eines bedeutenden Mühlsteinbruchs auf hiesiger Markung und einer Schildwirthschaft; früher wurden auch Wetzsteine hier bereitet.

Die Verhältnisse der Gemeinde haben sich eigenthümlich gestaltet. Bis 1808 waren die Bürger von allen Steuern, Abgaben und Leistungen, mit Ausnahme der Zehnten und und Lehensgefälle, befreit (s. hienach). Seit 1808 sind sie neusteuerbar, müssen aber ihren Communalaufwand unter sich umlegen, und haben von den Amtscorporationslasten einen Beitrag zur Besoldung des OA.-Chirurgen übernommen. Die Markung zerfällt, außer einigen eigenen Gütern, in zwei, ehemals große, doch frühzeitig unter mehrere Bauern getheilte Höfe, von welchen der eine dem Herrn von Neuhausen, der andere dem Frauenkloster in Kirchheim lehnbar war und die daher noch jetzt der Neuhauser und Kirchheimer Hof heißen. Die Lehensgefälle beider Höfe sind abgelöst. Den großen und kleinen Zehnten, letzteren von der Pfarrpfründe Nürtingen herrührend, erhebt der Staat. Der Heuzehnten, soweit er gereicht wurde (die Kirchheimer Hofwiesen waren von jeher frei), ist abgelöst.

Am Südabhang der Filderhöhe in einem Garten von Obstbäumen liegt freundlich das reinliche und wohlgebaute Dörfchen. Die Einwohner sind in die Kirche und Schule des 5/8 Stunden entfernten Ober-Ensingen gewiesen. Bis der Fond zum Bau eines eigenen Schulhauses wird vorhanden seyn, was in den nächsten Jahren der Fall seyn wird, reicht die Gemeinde dem Schullehrer im Mutterorte eine Besoldungszulage von 30 fl. Auch ein eigenes Rathhaus besitzt der Ort nicht. Quellwasser ist hinreichend vorhanden. – Eine prachtvolle Aussicht nach der Alp, in das Neckarthal und einige Seitenthäler öffnet sich hinter dem Ort auf der Höhe gegen Wolfschlugen.

An dem waldigen Thalhang, merkwürdig durch die zusammengestürzten mächtigen Sandfelsbänke, von welchen oben bei Grötzingen

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_166.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)