Seite:OANürtingen 175.png

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der besten Lage wird bis zu 2400 (s. oben S. 65), in der geringsten immer noch mit 350 fl. bezahlt. Von dem S. 64 erwähnten auf Gemeinkosten angelegten Stockland mit edleren Gattungen wurden im Jahr 1844 4000 Stücke unentgeldlich vertheilt. – Der Holzmangel ist sehr fühlbar, wiewohl die Gemeinde 200 Morgen Laub- und gemischte Waldung besitzt. Bemerkenswerth ist eine von der Gemeinde angelegte Weidenpflanzung zu Ernteweiden, die bereits einen schönen Ertrag abwirft. - Die Rindvieh- und Schaf-Zucht ist unbedeutend; der Pacht der Schafweide erträgt der Gemeinde 118 fl. Die Bienenzucht ist dagegen nicht ganz unerheblich.

Die Einwohner sind thätig und betriebsam; ihr Gesundheitszustand ist im Ganzen gut, wiewohl sie an kräftigem Aussehen ihren Nachbarn in Beuren merklich nachstehen. Eine üble Sitte ist, die freilich auch anderwärts häufig anzutreffen ist, daß nicht selten sogar Kinder Branntwein zum Frühstück gereicht wird. Bei dem spärlichen und sehr zertheilten Grundbesitz hängt der ökonomische Zustand lediglich von dem Gedeihen oder Mißrathen des Obstes und des Weins ab. Die gewöhnlichen Professionen sind ziemlich vollständig hier, werden aber meistens nur im Kleinen betrieben. Am zahlreichsten sind die Weber, welche zum größeren Theile von Kirchheim aus in Baumwollenwaaren beschäftigt werden, und die Branntweinbrenner, deren 18 vorhanden sind. Ein geschickter Wagner (Albrecht Hahn) baut hübsche und solide Gefährte auf Bestellung nach den benachbarten Städten. Empfindlich fällt den ärmeren Einwohnern die Abnahme des Spinnverdienstes, – da noch kein Ersatz für diese Beschäftigung, welcher sich in den Wintermonaten Männer, Weiber und Kinder fleißig widmeten, ausfindig gemacht worden ist. Einigen Verdienst gibt im Frühjahr die hier eingerichtete Schafwäsche (oben S. 77). Noch ist ein Handelsartikel zu erwähnen, der noch immer nicht ganz unbeträchtlich ist; es werden nämlich aus andern Orten jeden Herbst viele Bienenstöcke zusammengekauft, die Bienen getödtet, und Wachs und Honig auswärts abgesetzt. Der Ort hat ein Gemeinde-Backhaus. Schildwirthschaften sind 3, Mahlmühle 1 vorhanden. – Sämmtliche Zehnten erhebt der Staat, und zwar den kleinen und Heu-Zehnten für die verwandelte Pfarrstelle. Nur an dem Fruchtzehnten hat der Hospital Nürtingen einen zu 170 fl. berechneten Antheil. Die Gemeinde hat 1843/44 sämmtliche Fruchtgülten, die auf der Markung ruhten, im Kapitalbetrag von 6000 fl. abgelöst; an Hellerzinsen, obwohl auch hievon Ablösungen Statt hatten, werden jährlich noch an den Hospital in Nürtingen 140 fl. bezahlt.

Das im Thalgrund freundlich gelegene Dorf hat ein sauberes

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_175.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)