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17. Neckarhausen,

evangelisches Pfarrdorf, Gemeinde III. Cl. mit 1034 Einwohnern (worunter 1 katholischer Filialist von Unter-Boihingen), 5/8 Stunden westlich von Nürtingen, am Neckar und an der Straße von Nürtingen nach Neckar-Thailfingen. – Der kleinere Theil der Ortsmarkung liegt im Neckarthal, der bei weitem größere, aus Baumgütern, Ackerfeld und Wald bestehende an und auf dem flachen Bergrücken, welcher das Neckar- von dem Aich-Thal scheidet. Der Neckar, welcher hier die Authmuth aufnimmt, bildet hier mehrere Altwasser mit sumpfigen Ufern, welche ziemlich viele Fische, namentlich Hechte nähren, der Salubrität des Ortes aber keineswegs zuträglich sind. Auch tritt der Fluß häufig aus seinem Gestade. Das Fischrecht ist Eigenthum des Nürtinger Fischers. Die Luft ist verhältnißmäßig mild, aber etwas feucht und oft neblich; auch sind Frühlingsfröste nicht selten. Der Anbau des größtentheils fruchtbaren und nicht schwierig zu bearbeitenden Bodens hat durch landwirthschaftliche Verbesserungen gewonnen, die immer mehr Eingang finden. Ein Hinderniß waren bis jetzt die bedeutenden, doch jetzt größtentheils zur Ablösung gekommenen, Reallasten. Das Ackerfeld ist ausgedehnt und vorzüglich zum Dinkel-, Haber-, Hanf- und Flachs-Bau geeignet. Neckarhausen gehört zu den besseren Fruchtorten der Gegend, und der hiesige Flachs und Hanf sind besonders beliebt. Der Morgen Acker gilt 200, 300, 400 fl. Der Ackerbau könnte auf eine noch höhere Stufe gehoben werden, wenn nicht der Wieswachs hinsichtlich des Areals, zum Theil auch der Ergiebigkeit, zurückstände. Preise 3–500 fl. Der ohnedieß gering gewesene Weinbau hat seit 1817 aufgehört; nur etliche Morgen sind noch im Bau. Die Obstzucht dagegen ist beträchtlich und der Ertrag groß, wenn die Thalreifen und Nebel nicht schaden. Es hat schon Jahre gegeben wo der Obstzehnten über 2000 Simri betrug. Die Rindviehhaltung ist durch den Mangel an Wiesen etwas beschränkt, die Zucht aber bessert sich sehr durch Nachzucht von Schweizervieh. Gekauft und verkauft werden ziemlich viel Stiere, auch Ochsenmastung wird von Einzelnen betrieben. Jüdisches Stellvieh aber ist noch immer nicht verbannt. Die Schafzucht ist hier weniger als anderwärts im Abnehmen. Geflügel wird ziemlich viel gezogen. Die Professionen sind die auf dem Land gewöhnlichen; die Weberei beschäftigt über 30 Stühle. Der Ort hat ein Gemeindebackhaus und drei Schildwirthschaften. Aus dem feinkörnigen Sandstein des Aichthals werden Wetzsteine auf den Verkauf verfertigt.

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_177.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)