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hier einheimisch waren; durch allmählige Austrocknung oder Ableitung eines Theils der stagnirenden Gewässer hat sich das Übel zwar vermindert, doch noch nicht ganz gehoben. Hinsichtlich der intellektuellen Ausbildung sollen die hiesigen Leute auf einer höhern Stufe stehen als mehrere der Nachbarorte. Die ökonomischen Verhältnisse, über deren Zerrüttung vor etwa zwanzig Jahren noch sehr geklagt wurde, haben sich unläugbar verbessert, und können, so wie die Mittel des Auskommens, vergleichungsweise befriedigend genannt werden. Außer Feldbau und Viehzucht müssen unter den Erwerbszweigen auch die mancherlei Gelegenheiten zum Verdienst gezählt werden, welche die Landstraßen und die starke Durchfuhr darbieten, als Vorspann, Straßenarbeiten etc., und Wasserbauten. An Handwerksbetrieb fehlt es nicht, wiewohl in dieser Hinsicht noch mehr Thätigkeit zu wünschen wäre. Das Bäcker- und Wirthschafts-Gewerbe (7 Schildwirthe) ist das stärkste; auch findet sich eine Bierbrauerei, eine kürzlich neu erbaute Getreidemühle, eine Färberei und eine Seifensiederei. Der Ort hat ein Gemeindeback- und Wasch-Haus, eine Apotheke und drei gemischte Waarenhandlungen; auch wird lebhafter Handel mit Bau- und Schnitt-Holz getrieben. Die Kram- und Vieh-Märkte, welche alljährlich zweimal, im Juli und November, abgehalten werden, sind, besonders letztere, sehr besucht und lebhaft; auch wird viel Hanf, Flachs, Abwerg und Tuch zu Markt gebracht. Seit zwei Jahren besteht versuchsweise eine Gemeindebleiche, bei welcher zwei Bleichknechte zur Aufsicht angestellt sind, und welche im Ort selbst wie in der Nachbarschaft Anklang findet.

Außer einem schönen Laubwald von etwa 260 Morgen hat die Gemeinde einen nicht unergiebigen Besitz an den Weidenpflanzungen des Neckarbaus, und bezieht aus der verpachteten guten Schafweide jährlich 1000 fl. Auch hat sie den Pfarrwidumhof erworben und trägt den Berghof, einen ehemaligen Kloster Hirschau’schen Pfleghof, zu Lehen, woraus sie an das Kameralamt die Gült liefert, welche sie von den einzelnen Bürgern, unter welche die Güter vertheilt sind, einzieht. Die Grundabgaben, welche an den Staat (Universität Tübingen), an die Hospitalpflegen Eßlingen, Kirchheim und Nürtingen, sowie an die örtliche Stiftungspflege zu entrichten sind, sind bedeutend. Von dem großen Zehnten gehören dem Staat (Universität) 11/24 und dem Hospital Kirchheim 13/24. Der kleine Zehnte gehört der Pfarrei, welcher in Gemeinschaft mit der Commune als Inhaberin des Widumshofs der Heuzehnte zukommt.[1] Letztere bezieht auch den Strohertrag nebst 5 Scheffel

  1. Das Einkommen der Pfarrei ist seit 1. Jul. 1846 verwandelt.
Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_186.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)