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22. Ober-Boihingen,

evangelisches Pfarrdorf, Gemeinde II. Cl., mit dem Hof Tachenhausen (auf eigener Markung) 1235 Einwohner (darunter 1 katholischer Filialist von Unter-Boihingen), 1 Stunde nordöstlich von Nürtingen am rechten Neckarufer und an der Straße von Nürtingen nach Plochingen. Die Markung von Ober-Boihingen, deren Wiesen im Neckarthal, die Äcker auf den Höhen rechts von demselben liegen, hat einen zum Theil leichten und warmen, zum Theil aber auch kalten und nassen, doch im Ganzen fruchtbaren und meistens tiefgründigen Boden, ertragreiche Fruchtfelder und sehr ergiebigen Wieswachs. Die Güterpreise, welche früher bei dem sehr herabgekommenen Zustande der Gemeinde merklich niedriger als in den Nachbarorten standen, haben sich mit jenem und seit der Ablösung drückender Grundlasten gegen den Staat beträchtlich gehoben. Die Obstzucht ist bedeutend und seit etwa 20 Jahren sehr in Aufnahme, der Weinbau dagegen ganz untergeordnet und wenig einträglich, der Holzmangel empfindlich. Die Rindviehzucht ist auch hier in fortschreitender Verbesserung begriffen und die Schafhaltung nicht unerheblich.

Die Einwohner sind arbeitsam und häuslich, aber zum größten Theil nur mittelmäßig begütert, manche wirklich in bedrängten Umständen. Die Gewerbetreibenden unter ihnen sind meistens Weber und Maurer, letztere auswärts Arbeit suchend. Schildwirthschaften bestehen 3. Mühlwerk ist keines vorhanden, ungeachtet die Gemeinde vor mehreren Jahren mit einem Opfer von 6000 fl. und nach einem kostspieligen Proceß von dem Mühlbann, der sie an Unter-Ensingen knüpfte, sich befreit hat. Übrigens hat die Gemeinde einigen Güterbesitz, namentlich Baum-Allmanden; ein Stück Weideland von 60 Morgen ist vor einigen Jahren in Bürgertheile zerschlagen worden; auch wurde in der neueren Zeit ein Gemeinde-Backhaus errichtet.

Den Fruchtzehnten bezieht zu einem größern Theil der Hospital Nürtingen, zu einem kleinern der Staat, den Weinzehnten letzterer allein. Der kleine Zehnte ist durch Vertrag von 1581 von dem Hospital der Ortspfarrei überlassen, der Heuzehnte aber abgelöst worden. Das Fischwasser ist Eigenthum eines Unter-Ensinger Privaten.

Der Ort hat eine ziemlich breite Hauptstraße, welche übrigens zu niedrig gelegt ist, um gehörig reinlich seyn zu können; die Häuser sind ziemlich unansehnlich. Die Kirche mit gothischem Chor, die etwas tief in den Berg hineingebaut ist, wurde ohne Zweifel um

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August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_204.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)